Unsere Region hat viele Besonderheiten, von denen man oft gar nichts weiß. Jeder Lichtenberger kennt sicherlich die historische Zehentscheune, aber weiter hinaus hat sich die Existenz dieses wunderbaren Gebäudes mit seinem interessanten Interieur noch nicht so herumgesprochen. Bauern mussten im Mittelalter von ihren Feldfrüchten den zehnten Teil abgeben und dieser „Zehnt“ wurde in Lichtenberg in der sogenannten Zehentscheune gelagert. Eberhard (70) und Gusti Burger (72) ist es zu verdanken, dass das imposante Gebäude mit einer schiefergedeckten Dachfläche von 600 Quadratmetern in die Gegenwart gerettet wurde und nach Absprache auch gerne besichtigt werden darf. Das Ehepaar hat viele landwirtschaftliche Geräte und Fundsachen gesammelt und die Zehentscheune kann getrost als kleines Museum bezeichnet werden.
„Hallo, wir kommen!“ ruft Frau Burger als Ankündigung, als sie die Tür des Seitenaufgangs aufschließt und wir die Scheune betreten. Es gibt nämlich einen lieben Mitbewohner, der in der Scheune seit mindestens zwei Jahren Unterschlupf gefunden hat: ein Siebenschläfer. Damals war das niedliche Felltier bei einer Geburtstagsfeier persönlich gesehen worden und ist immer wieder in Erscheinung getreten.
Als erstes fällt links vom Seiteneingang eine große, alte Dreschmaschine mit Riemenantrieb und Elektromotor auf, siehe Foto. Herr Burger weist auf einen jahrhundertealten, 30 Meter langen Dachbalken über den Köpfen hin, der einst aus einem ganzen Baum entstanden ist. Im hinteren Teil der Scheune befinden sich unter anderem zwei Glasvitrinen. Die Inhalte haben die Burgers und ein gemeinsamer Freund, Stefan Parnt, im Laufe der Jahre zusammengetragen.
Drei Schatztruhen
Man entdeckt beispielsweise rostig-braune Hufeisen für Pferde und Ochsen, Pfeilspitzen aus dem Mittelalter, historische Schlüssel, Trensen, Reitsporen, Gürtelschnallen oder Fibeln. Auch verschiedene Münzen, eiserne und steinerne Kanonen- und Musketenkugeln, slawische Schmuckglasperlen oder Steingutscherben sind zu sehen. Letztere sind tatsächlich auf dem Grundstück der Burgers gefunden worden. Es gibt noch mehr zum Teil funktionsfähige Geräte aus der Vergangenheit zu bestaunen – flankiert von drei geheimnisvollen, alten Schatztruhen.
Bevor Eberhard Burgers Eltern die Scheune und das dazugehörige Haus am Marktplatz im Jahr 1975 kauften, gehörte sie einem Bauer namens Ringel. Von ihm stammen etliche der landwirtschaftlichen Geräte. 1988 überschrieben die Eltern die renovierungsbedürftige Scheune einem ihrer Söhne, nämlich Eberhard. Er konnte sich nur sporadisch darum kümmern, da er zusammen mit seiner Frau Gusti in Erlangen wohnte und als Mathematik- und Physiklehrer an einem Gymnasium tätig war. Vor 23 Jahren ließen sie das große Dach neu decken. Dann überlegte das Ehepaar: „Jetzt haben wir eine schöne Scheune, was machen wir damit?“ Die Entscheidung wurde ihnen fast abgenommen, denn eine Gaststätte in der Nachbarschaft bat darum, eine Geburtstagsfeier in der Scheune abhalten zu dürfen. Die Burgers sagten zu. Kurz darauf fragte ein Pärchen an, ob sie in der Scheune heiraten und feiern durften. So entwickelte sich die historische Scheune zu einer offiziellen Veranstaltungsscheune, die das Ehepaar vermietet. Es mussten aber vorher Auflagen erfüllt werden wie Fluchtwege und Toiletten. Es wurde sehr viel geschafft, auch im Hinblick darauf, dass die Burgers erst vor fünf Jahren fest nach Lichtenberg gezogen sind.
Mehr von der Scheune ist auf der Webseite zu sehen: www.zehentscheune.de Sonja Wietzel-Winkler
Fotos: Sonja Wietzel-Winkler, Gusti Burger