Traditionelles Handwerk ist in Hof noch sehr lebendig. Die Uhrmacherei Oettler in der Kreuzsteinstraße 4 zum Beispiel repariert nicht nur moderne Uhren, sondern auch bis zu 200 Jahre alte Taschenuhren, Standuhren und Regulatoren, also Wanduhren zum Aufziehen. Viele Kunden kommen aus der Region, aber zum großen Teil auch aus dem ganzen Bundesgebiet und sogar aus dem Ausland.
„Reparaturen, wie wir sie anbieten, werden heutzutage kaum noch irgendwo ausgeführt“, erzählt Doris Oettler, die Firmenchefin. Denn um alte Liebhaberstücke instand zu setzen, sei spezielles Werkzeug nötig. Außerdem müssten manche Ersatzteile, weil nicht mehr lieferbar, zunächst von Hand in der zertifizierten Werkstatt angefertigt werden.
Einzelne Arbeitsschritte können Kunden, wenn sie möchten, am Werktisch mitverfolgen. Die drei Uhrmachermeister sitzen nicht im Hinterstübchen, sondern mitten im Laden. Manchmal bleiben Passanten und Kinder stehen und beobachten aufmerksam die Uhrmacher bei der Arbeit.
Die Uhrmacherei Oettler besteht bereits seit über 70 Jahren und war anfangs in der Leimitzer Straße in Hof beheimatet. Neben Seniorchef Hermann Oettler arbeitet auch Ernst Hetzel mit im Familienbetrieb. Er arbeitet gerade an einer alten Taschenuhr mit Repetitionsschlagwerk und erzählt: „Die Zugfeder ist gebrochen. Um sie zu ersetzen, muss ich die Uhr komplett auseinandernehmen und überholen.“
Seit beinahe drei Jahrzehnten ist Uhrmachermeister Matthias Seidel bei der Uhrmacherei Oettler beschäftigt – und das bereits im 48. Berufsjahr. Eigentlich könnte er schon im Ruhestand sein, aber die Arbeit macht ihm einfach Spaß: „Es gefällt mir, eine richtig verbrauchte Uhr wie neu herzurichten, sodass ihr Besitzer wieder Freude daran hat.“ Dabei liege die Herausforderung darin, dass zwar das Uhrwerk wieder top arbeite, dem Gehäuse aber die vielen Jahre seines Bestehens durchaus weiter anzusehen sind. Denn eine gewisse Patina betone gerade den Wert einer alten Uhr.
In der Uhrmacherei Oettler zeigt sich, dass traditionelles Handwerk nach wie vor Zukunft hat. Mit den Reparaturaufträgen seien die drei Meister ständig ausgelastet, erzählt Doris Oettler. Gerne würde man daher eine weitere Fachkraft anstellen. Ein vierter Arbeitsplatz sei sogar vorhanden. Aber geschultes Personal in diesem Bereich sei kaum zu finden. Deshalb sei man auch bereit auszubilden und damit Schulabgängern einen interessanten Ausbildungsplatz anzubieten. Wer Interesse hat: Informationen gibt es unter 09281/15202 oder uhrmacherei-oettler@gmx.de. Manfred Köhler
Bild: Um die Zugfeder einer alten Taschenuhr zu reparieren, muss Uhrmachermeister Ernst Hetzel die Uhr komplett auseinandernehmen.
Fotos: Manfred Köhler