Die Hofer Wärschtlamänner feiern heuer 150. Jubiläum: Seit dem Jahr 1871 sind sie in Hof unterwegs und verkaufen ihre Wienerla, Knacker oder Bauern. Viel hat sich in den 150 Jahren geändert, aber das Erscheinungsbild der Wärschtlamänner mit ihrem typischen Messingkessel und dem großen Korb für die Brötchen ist immer gleich geblieben. Aus Anlass des Jubiläums stellen wir die derzeit in Hof aktiven Wärschtlamänner in einer Serie vor. Weiter geht es mit Ralf Herrmann.
Die meisten Hofer Wärschtlamänner fanden ihren Beruf über Umwege. Ralf Herrmann (53) ist da keine Ausnahme. „Mein Traumberuf war eigentlich Bäcker“, erzählt er. In diesem Handwerk ergatterte er tatsächlich auch eine Lehre, nachdem er die Eichendorff-Schule und die Hofecker Schule besucht und seinen Hauptschulabschluss absolviert hatte. Schon nach zweieinhalb Jahren sei aber Schluss gewesen mit dem erträumten Job: „Ich bekam eine Mehlallergie und musste schweren Herzens aufhören“, erzählt er.
Der gebürtige Hofer leistete zunächst in Hof und Marktleuthen seinen Zivildienst ab und versuchte sich dann im Einzelhandel. „Aber das war nicht so mein Fall“, stellte er bald darauf fest. Was ihn allerdings begeisterte, war die Hofer Tradition der Wärschtlamänner. Von der Idee, es einfach mal zu versuchen, sei ihm anfangs abgeraten worden, aber er setzte sich durch. Ralf Herrmann lieh sich von seinem Lieblingsmetzger, der Metzgerei Krafft, einen Kessel und probierte es aus. Das war vor 27 Jahren. Von Anfang an wusste er, dass er keinen anderen Job mehr machen wollte.
Denn Ralf Herrmann liebt den Umgang mit seinen Kunden: „Den täglichen Kontakt mit vielen Leuten fand ich vom ersten Moment an abwechslungsreich und oft auch lustig.“ Als er dann 1995 auch noch von seinem Vorgänger seinen heutigen Standplatz am Telekom-Shop am Oberen Tor übernommen habe, sei das Glück perfekt gewesen. Bis heute hat Ralf Herrmann hier im Gebäude ein kleines Zimmer, wo er seine Wärschtlamo-Ausrüstung über Nacht einlagern kann. Als der Corona-Lockdown losging, sei es für ihn daher auch keine Frage gewesen, den Standplatz zu wechseln. Die Zeit sei schwer gewesen, denn nicht nur die Altstadt-Bummler fehlten als Kunden, auch der benachbarte Parkplatz war verwaist: „Viele, die dort früher parkten, nahmen auf dem Weg in die Stadt ein paar Wärschtla mit“, berichtet er. Das sei mit Corona vorbei gewesen.
So kam Ralf Herrmann als Wärschtlamo im Lockdown nicht einmal auf seine Kosten. Doch inzwischen ist die Hoffnung groß, dass bald alles wieder völlig normal werden könnte. Seine vielen Stammkunden jedenfalls haben ihm auch über die Corona-Zeit hinweg die Treue gehalten. Zu ihnen zählt zum Beispiel das Ehepaar Mäusbacher, das an diesem Tag neben anderen Kunden bei Ralf Herrmann vorbeischaut. Nicht nur als ehemaliger Hofer Bürgermeister ist Heinz-Jürgen Mäusbacher durch und durch von der Hofer Tradition begeistert.
Schon in jungen Jahren aß er gerne Hofer Wärscht und erinnert sich an eine Zeit, in der ein paar Wiener noch 55 Pfennige gekostet habe. Seine Frau Margot Mäusbacher verbindet ebenfalls liebe Kindheitserinnerungen mit den Hofer Wärschtlamännern: „Ein paar Wiener zu bekommen, war immer ein Highlight, wenn ich mit meiner Mutter in der Stadt war.“
Kinder zieht es auch heute noch an den Wärschtlakessel, wie Ralf Herrmann Tag für Tag erleben kann. Da er selbst leidenschaftlich gern Hofer Wärscht isst, fasziniert es ihn immer wieder, wie die Kunden auf seine Produkte anspringen. „Zuletzt haben die Käsebauern voll eingeschlagen“, erzählt er. „Wer die einmal hatte, kommt immer wieder.“
Weil Ralf Herrmann seinen Beruf so liebt, hat es ihn nicht allzu sehr getroffen, dass die Corona-Beschränkungen ihm auch sein Hobby verhagelt haben: Den Hofer Wärschtlamo zieht es normalerweise im Urlaub in die Ferne, er hat schon weit entfernte und exotische Länder wie Thailand, Ägypten oder den Oman bereist. Aber auch in seinem Beruf als Wärschtlamo habe er schließlich einen Platz an der Sonne, sagt er schmunzelnd: „Eigentlich braucht man da gar nicht in den Urlaub. Ich habe einen Beruf, in dem man auch bei der Arbeit braun wird.“ Manfred Köhler