Wer auf Reisen geht, kann was erzählen. Das stimmt umso mehr, wenn man dabei auch im wörtlichen Sinn „geht“. Gottlob wanderte gern und weit, und seine Söhne mussten mit.
Es muss eine glückliche Ehe gewesen sein zwischen dem Hofer Stadtbaurat Gottlob Thomas und seiner Marie. Davon zeugen Liebesgedichte, die er ihr auch noch nach der Hochzeit schrieb, wohlgemerkt! Schon im ersten Jahr ihrer Ehe wurde ihr Glück gekrönt durch die Geburt eines gesunden Sohnes Fritz. Knapp zwei Jahre später folgte der zweite Sohn Robert. Im vierten Ehejahr, Marie war inzwischen 28, brachte sie ihren dritten Sohn Karl zur Welt. Gottlob war sehr darauf bedacht, dass seine Familie der alten Heimat nicht fremd blieb.
Mit ihren drei kleinen Rackern besuchte Marie 1869 Gottlobs Familie im thüringischen Schwickershausen – ohne Gottlob, versteht sich. Der musste wie immer arbeiten. Aber sie ließ Gottlob an den Urlaubsabenteuern teilhaben und schrieb ihm: „Fritzchen ist sehr ausgelassen und wild, jagt den ganzen Tag die Gänse im Dorf herum oder geht in die Ställe und kauft den Leuten mit seinem Spielgeld die Ochsen ab. Robert geht früh, wenn er seine 4 bis 5 Tassen Milch getrunken hat, zur Tante Emilie, die sich sehr viel mit ihm abgibt. Der gute Karl ist wie immer der Bravste, seine Milch trinkt er ohne Wasser und sie bekommt ihm auch gut. Sehr viel Plage habe ich immer mittags bei Tisch; die Leute wollen den Kindern Gutes tun, geben ihnen alles Mögliche zu essen, und ich muss dann immer noch den einen um den andern auf den Schoß nehmen und ihm die Suppe einnöten.“ Jede Mutter mit kleinen Kindern weiß genau, wovon Marie sprach. Und natürlich war bei Oma und Opa alles „gaanz doll“. Dementsprechend fiel die Abreise von Schwickershausen auch schwer. Marie hatte nicht nur Gottlob, sondern die Herzen der ganzen Familie Thomas erobert…
Die drei Kinder wuchsen in einer liebevollen, doch auch von Zucht und Ordnung geprägten Atmosphärere auf. Für häusliche Spiele und Unterhaltungen hatte Gottlob wenig Sinn; sie sollten auf keinen Fall zu Stubenhockern werden. Daher mussten die drei ihn auf seinen Inspektionsgängen in die städtischen Steinbrüche und diverse Baustellen begleiten – und dass bei Wind und Wetter! Robert umschrieb es diplomatisch: „Unser Vater regte uns zu größeren Fußwanderungen an.“ So ließ er die Drei im Jahr 1881 den ganzen Weg von Hof nach Schwickershausen zu Fuß machen. Sie marschierten über Kronach, Sonneberg, Eisfeld, Hildburghausen und kamen am fünften Tag um Mittag dort an. Das war keine Wanderung, sondern ein Gewaltmarsch von 136 km. Die Jungs waren damals 13, 15 und 16 Jahre alt.
In jungen Jahren hatte Gottlob (notgedrungen) selber viel frische Luft getankt. Weil er sich eine Fahrkarte nicht leisten konnte ging er oft auf Schusters Rappen! Als 18-jähriger wanderte er 1844 von Schwickershausen ins 30 km entfernte Wermerichshausen bei Münnerstadt, um dort seine Ausbildung in der Steinhauerei zu vertiefen: „Nach einem starken Marsch kam ich dort nachmittags 5 Uhr an und musste, um mein Abendbrot zu verdienen, noch Letten aufhacken.“ Im gleichen Jahr ging er 187 km nach München, um sich weiterzubilden. Er war acht Tage unterwegs, meistens zu Fuß. An manchen Tagen marschierte er über 50 Kilometer!
Übrigens: Sollten Sie auf den Spuren Gottlobs in Hof wandern wollen, bietet der Verschönerungsverein eine Wanderung (ca. 7 km) „Auf den Spuren von Gottlob Thomas“ am Freitag, 22. August, um 16.30 Uhr an. Der Treffpunkt ist am Museum Bayerisches Vogtland.
Roland Eichhorn; Verschönerungsverein Botanischer Garten, Theresienstein und Hof e.V.
