Über die Deutsche Bahn kann man ja trefflich lästern, aber dass wegen ihr die in Hof Verstorbenen nicht mehr beerdigt werden konnten, ist schon ein starkes Stück! Aber so war es halt. Der Zustrom an Arbeiter-Familien nach Hof verursachte zwei bauliche Notwendigkeiten: Zum einen mussten mehr Kinder in die Schule und zum anderen verließen diese im hoffentlich ehrwürdigen Alter unsere Welt auch wieder. Wohin also mit den Leichen? Der damalige Friedhof an der Lorenzkirche war bei der Leichenflut schnell hoffnungslos überfüllt. Entgegen aller Vorschriften wurden bis zu vier Särge übereinander begraben. Die Anrainer machten sich um ihre Gesundheit Sorgen. Anno 1855 wurde dann das gegenüberliegende Grundstück als Behelfsfriedhof eingeweiht – ohne merkliche Verbesserung. Ein neuer großer Gottesacker musste her.
Gottlob Thomas fand am noch völlig unbebauten Sophienberg außerhalb der damaligen Stadt das neue Friedhofsareal. Es wurde am 2. Dezember 1863 eröffnet. An seiner östlichen Seite errichtete Gottlob in monumentalem Stil das Leichenhaus. Es vergingen wenige Jahre und der neue Friedhof war aufgrund der immer noch rasant wachsenden Bevölkerung schon wieder überfüllt. Innerhalb von neun Jahren waren laut Magistratsprotokoll 3.871 Leichen beigesetzt worden.
Doch mit dem Vergrößern des Friedhofs war das so eine Sache, wie eine Festschrift von damals beschreibt: „Leider war durch das inzwischen zur Verwirklichung gelangte Projekt der Verlegung des Bahnhofes ein neues, gewichtiges Hindernis entstanden, und da einerseits die Erweiterung nur in der Richtung gegen den neuen Bahnhof mit seinem zur Stille des Friedhofs wenig passenden Getriebe hätte vorgenommen werden können, so entschloss sich die Kirchenverwaltung mit Zustimmung der Stadt, von der Erweiterung ganz abzusehen und einen neuen Friedhof auf der entgegengesetzten Seite der Stadt – an der Staatsstraße nach Plauen – anzulegen.“ Kaum errichtet, war Gottlobs „Sophienberger Friedhof“ schon wieder aufgelassen und in eine Parkanlage (Wittelsbacher Park) umgewandelt. Das Leichenhaus wurde abgebrochen, aber nur, um es auf dem Trogener Friedhof wieder aufzubauen. Die Gemeinde hatte das Leichenhaus nämlich erworben.
Natürlich war Gottlob auch für den Bau des neuen Friedhofs zuständig. Diesmal galt es nicht nur ein Leichenhaus, sondern auch noch eine Kapelle und eine Totengräberwohnung zu errichten. Am 20. Oktober 1878 fand die feierliche Einweihung statt.
Sobald in der Kapelle die Plätze eingenommen waren, stimmte der Chor das Lied Nr. 558 im bayerischen Gesangsbuch an. „Jesus, meine Zuversicht“ war damals das evangelische Beerdigungslied schlechthin!
Damit wäre über ein Lied genug kommentiert. Doch nicht bei diesem. Dieses hatte weit größere Bedeutung, es war von revolutionärer Sprengkraft und wurde 1848 von den Aufständischen in Berlin gesungen. Dreißig Jahre später, in einer kleinen Kapelle in Hof ist den Anwesenden die Symbolkraft dieses Liedes sicher bewusst gewesen. Schließlich war die damalige Hoffnung auf Reformen zwischen-zeitlich in Erfüllung gegangen. Nach einem blutigen, verlustreichen Krieg mit Frankreich herrschte Frieden in einem erstmals geeinigten Deutschland – dem Deutschen Kaiserreich.
Roland Eichhorn; Verschönerungsverein Botanischer Garten, Theresienstein und Hof e.V.
Bild:
Recycling mal anders – Gottlobs Leichenhaus wurde in Hof abgerissen und im benachbartem Trogen im Friedhof wieder aufgebaut. Da steht es heute noch (Fotomontage eines aktuellen Bildes in eine alte Aufnahme am Original-Standort im heutigen Wittelsbacher Park).