Fünf Tage vor seinem 35. Geburtstag erfuhr Gottlob Thomas die niederschmetternde Nachricht, dass die Hofer ihn, den Auswärtigen aus Würzburg, rundweg abgelehnt und ihren Hofer Maurermeister Raab für die Stelle des Stadtbaurats bevorzugt hatten. Der Hofer Rechtsrat Oskar von Lossow, der Gottlobs Talent früh erkannt hatte, musste ihm das frustrierende Ergebnis mitteilen, allerdings mit dem Nachsatz, dass die königliche Genehmigung der Personalie noch ausstünde.
„Hier seufzt und sehnt sich alles nach einem Baurat“, stöhnte von Lossow. Er war überzeugt, dass Gottlob mit seinen Fähigkeiten der Richtige für die aufstrebende Stadt Hof war. Und er war kein Mensch, der klein beigab. Er deutete Gottlob an, dass es nicht unmöglich sei, dass die königliche Genehmigung versagt würde, weil diese Kenntnis erlangen könnten, dass der Hofer Kandidat mit hiesigen Werkleuten „zu intim“ sei. Und siehe da – das zuständige Innenministerium bestätigte die Wahl des Hofer Maurermeisters nicht. Am 21. Januar 1861 musste daher erneut gewählt werden. Von den anwesenden 23 Stadträten gaben jetzt 21 Gottlob Thomas ihre Stimme…
Am 16. April 1861 trat Gottlob seine neue Stelle in Hof an. Und dann prasselten auch schon die neuen Aufgaben auf ihn ein. Die zunehmende Industrialisierung mit dem Anschluss Hofs an das rasant größer werdende Eisenbahnnetz verwandelte die ruhige Kleinstadt in eine florierende Boomtown. Die Textilindustrie lockte junge Familien – die Einwohnerzahl stieg rasant. Die vorhandene kleinstädtische und veraltete Infrastruktur konnte diese Menschenmassen nicht verkraften – es fehlte an allem. Hof brauchte dringend Schulen, Friedhöfe, Krankenhäuser, eine zentrale Wasserversorgung anstelle der bis dato üblichen Brunnen, eine zeitgemäße Feuerwehr, Grünanlagen für die Arbeiter etc.
Und die sparsame Stadt Hof hatte nicht vor, mehr als eine Person dafür anzustellen. Es war Gottlob unmöglich, dies alles in der regulären Arbeitszeit zu schaffen. Doch hier zeigte sich, aus welchem Holz Gottlob geschnitzt war: Sonntags ging Gottlob um 7 Uhr in die Frühmesse in die Hospitalkirche, um danach ab 8 Uhr wieder an seinem Büroschreibtisch zu arbeiten. Dies tat er nach seiner eigenen Auflistung in den Jahren 1861 bis 1869 an 311 Sonntagen. Er differenzierte, ganz der gewissenhafte Beamte, nach Sonntagen, an denen er von frühmorgens bis abends 8 Stunden arbeitete (das waren 185), und solchen, an denen er nur 4 Stunden tätig war (126 an der Zahl). Dazu kamen noch 1.670 Stunden unter der Woche abends. Rechnen wir die Überstunden in seinen ersten neun Hofer Jahren einmal zusammen: Summa summarum 8.102 Überstunden. Er hatte sage und schreibe 1.000 Arbeitstage unentgeltlich für die Stadt gearbeitet!
Sind von seinen Bauten heute noch welche erhalten? Der Frage gehen wir in den nächsten Gschichtla im ProHof-Magazin nach. Sie werden staunen!
Roland Eichhorn; Verschönerungsverein Botanischer Garten, Theresienstein und Hof e.V.
Bild:
Ein Glücksfall! Auf dem Schnappschuss vom Sommer 1866 glauben wir, mitten im Bild unseren Gottlob stramm im langen Mantel und Hut entdeckt zu haben, wie er gerade seinen Bautrupp für den Neubau des Jean-Paul-Gymnasiums (rechter Bildrand) instruiert.