Wenn Lena Herpich vor den Vorhang tritt, ist etwas Außergewöhnliches passiert. Im „besten“ Fall erklärt die Regieassistentin den Zuschauern des Hofer Theaters, dass ein Schauspieler krankheitsbedingt ersetzt werden musste, und dass ein Einspringer seinen Part übernehmen wird. Im schlimmsten Fall muss sie eine Spielunterbrechung wegen eines Bühnenunfalls verkünden.
Läuft dagegen alles so, wie es soll, bekommen die Theaterzuschauer von der Arbeit der Regieassistentin des Musiktheaters nichts mit. Lena Herpichs Aufgabe ist es, wie sie selbst sagt, „das Räderwerk am Laufen zu halten“. Und je länger sie erzählt, desto klarer wird, wie viele Räder und Rädchen ineinandergreifen müssen, damit eine Vorstellung reibungslos läuft.
Herpich begleitet jede Produktion des Musiktheaters vom Beginn bis zum Ende und hat dabei sowohl organisatorische als auch künstlerische Aufgaben. Während der Proben sitzt sie neben dem Regisseur und schreibt ein sogenanntes Regiebuch. Dort werden alle wichtigen Aktionen festgehalten: welche Wege der Schauspieler auf der Bühne geht, welche Requisiten er wo abstellt, und welche Emotionen er dabei zeigt. „Anhand des Regiebuchs muss man auch nach längeren Pausen in der Lage sein, das Stück wieder aufzunehmen.“
Auch die Organisation der Proben sowie der gesamte Informationsfluss zwischen den Gewerken gehören zu den Aufgaben der Regieassistentin. Da gilt es zahllose Fragen zu klären: Wann wird was geprobt? Braucht es ein Probebühnenbild? Sind Umbauten nötig oder besondere Absprachen mit der Technik? Gibt es Änderungen, über die die Requisite informiert werden muss?
Besonders anspruchsvoll wird es, wenn es sich um ein Stück mit Abstechern handelt, also mit Vorstellungen an anderen Orten, wie beispielsweise dem Rosenthal-Theater in Selb. Schon am Vortag ist Lena Herpich dann gemeinsam mit den Technikern vor Ort, um sich umzusehen und das Stück einzuleuchten. „Es soll ja – soweit das technisch möglich ist – aussehen wie daheim.“ Auch die Schauspieler müssen in diesem Fall eher einbestellt werden als sonst und bei einer Einweisungsprobe besprechen, ob alles so funktioniert wie im Original in Hof. Die Techniker können bei Abstechern meist nicht wie in Hof per Funkgerät und Headset kommunizieren, sondern nur mit Lichtzeichen. „Da ist organisatorisch und technisch ein guter Plan notwendig, damit am Ende alles klappt.“
Auch wenn ein Schauspieler kurzfristig ausfällt, sind Improvisationstalent und zusätzliche Absprachen gefragt, für die die Regieassistentin verantwortlich zeichnet. Sie ist es, die in diesem Fall eine Probe ansetzen muss, bei der Einspringer und Ensemble sich absprechen und proben können – „und zwar so, dass der Einspringer sich dann auch auf der Bühne möglichst sicher fühlt.“
Ab der Premiere wendet sich der Regisseur neuen Aufgaben zu, und die Regieassistentin trägt auch die Verantwortung für die künstlerische Umsetzung. Zudem ist sie Abendspielleiterin der jeweiligen Produktion: Sie ist mindestens eine Stunde vor jeder Vorstellung anwesend, ist der Ansprechpartner bei Problemen, die die Vorstellung betreffen, entscheidet, welche Probleme vor Ort gelöst werden und welche an eine höhere Instanz gemeldet werden müssen, hat ein Auge auf die Geschehnisse hinter der Bühne und entscheidet beispielsweise im Fall von Bühnenunfällen gemeinsam mit dem Bühnenmeister und der Inspizientin, ob eine Szene zu Ende gespielt oder abgebrochen wird.
Wer Lena Herpich zuhört, merkt schnell: Eine Regieassistentin muss schnelle Entscheidungen treffen können, breit aufgestellt sein und vor allem sehr viele Dinge unter einen Hut bringen. „Eine gute Liste ist der Freund eines jeden Assistenten“, sagt Lena Herpich schmunzelnd. Das habe sie schnell gelernt, als sie in der Spielzeit 21/22 am Hofer Theater ihr Freiwilliges Soziales Jahr als Hospitantin absolviert hat. Just als dieses Jahr endete und sie bereits begonnen hatte, sich innerlich von dem Haus zu verabschieden, wurde die Regieassistenz des Musiktheaters ausgeschrieben. So hat sie sich beworben und hat sich eingefunden in einem Job, „der zwar wirklich anstrengend ist, den ich aber sehr gerne mache.“ So viele Dinge unter einen Hut zu bringen und zu arbeiten, wenn andere den Feierabend genießen, sei nicht jedermanns Sache. „Man muss sich darauf einlassen können. Das geht nur, wenn man wirklich dafür brennt.“
Zudem sei das Theater ein toller Ort für die Charakterbildung. Sich immer wieder auf neue Menschen und unterschiedliche Charaktere einzulassen, empfindet die junge Frau als sehr wertvoll. „Man lernt sich dadurch selbst besser kennen und legt sich ein dickes Fell zu.“ So hat Lena Herpich beschlossen, auch in der Spielzeit 24/25 noch zu bleiben. Danach möchte Lena Herpich studieren; „die Flügel ausstrecken und gucken, wo’s mich hintreibt“. Sandra Langer
Was ein Schauspieler tut, weiß jedes Kind. Und auch von den Aufgaben eines Regisseurs haben die meisten Menschen eine ungefähre Vorstellung. Wie viele Menschen jedoch in einem Theater hinter den Kulissen am Gelingen einer Vorstellung mitwirken, was Maler, Schreiner und Schneider dort tun, und welche unterschiedlichen Berufsbilder es in der Theaterwelt gibt, weiß kaum jemand. Das ProHof-Magazin stellt deshalb in loser Folge verschiedene „Theaterberufe“ vor und präsentiert Gesichter und Geschichten hinter den Kulissen des Hofer Theaters.