Seit nunmehr zwei Jahrzehnten besteht rund um das Schlappenbier eine Bürgerfreundschaft zwischen den oberfränkischen Städten Hof und Pegnitz. Dabei wurde anfangs in „Bayern ganz oben“ ein Bierkrieg befürchtet. Doch das ist längst Geschichte, wie die Entstehung des Schlappentags nach dem Überfall der Hussiten vor 592 Jahren.
Meist werden Städtepartnerschaften von oben herab angeordnet. Ganz anders in Pegnitz, wo die Basis aktiv wurde: Erst drohte die „Schnapsidee“ zwar in einen „Bierkrieg“ auszuarten, doch dann entwickelte sich daraus eine innige Bürgerfreundschaft im sonst traditionell zerstrittenen Oberfranken, die seit über zwei Jahrzehnten auch über den Schlappentag hinaus innig gepflegt wird. Ein eher belangloses Pausengespräch zweier Fachschülerinnen in Bayreuth leistete im Jahr 2004 „Geburtshilfe“: Stefanie Reinl aus Pegnitz erzählte vom „Schlappenwirt“, ihre Hofer Freundin Monika Greim vom „Schlappentag“. Diese Parallelen sind ja „echt cool“, meinten nicht nur die Töchter, sondern auch die Väter, auf der einen Seite Karl Greim, der frühere Chef der Hofer Zeltbräu, die damals für das „Schlappenbier“ verantwortlich zeichnete, auf der anderen Seite Redaktionsleiter Richard Reinl von den „Nordbayerischen Nachrichten“, stets darum bemüht, die fränkische Biertradition zu pflegen. Ein Telefonat genügte und schon war das „Schlappenbier“ für den Pegnitzer „Schlappenwirt“ gesichert.
Es sollte eine Gaudi sein und es war schließlich auch eine: Noch heute schwärmen die Teilnehmer vom „1. Pegnitzer „Schlappentag“ im Jahr 2004 im Traditionslokal „Schlappenwirt“. Nur die Hofer witterten anfangs Verrat an ihrem „Nationalfeiertag“ und warnten sogar vor einem drohenden „Schlappen-Krieg“. Nach entsprechenden Zeitungsberichten war „das Kraut fett“: Im Sommerloch schwante den Nordostoberfranken Böses. Sie alarmierten den Kultur-Bürgermeister Hans Pechstein über den „Affront“. Dessen erste Reaktion: „Das haut mich schon fast um.“ Juristen wurden bemüht und eine Kontroll-Kommission nach Pegnitz entsandt. Pechstein musste allerdings einräumen, dass die Stadt Hof auf die Ausrichtung des „Schlappentags“, dessen Bezeichnung nicht einmal urheberrechtlich geschützt sei, keinen Einfluss habe, das sei Sache des Ausrichters, der „Königlich privilegierten Scheibenschützengesellschaft“.
Einmarsch in Hof
Obwohl die Pegnitzer alles andere wollten als einen „Bier-Krieg“, marschierten sie ein Jahr später doch in Hof ein, allerdings „nur“ beim „Schlappentag“-Festzug. Mit ihrem in Hof aufgewachsenen Bürgermeister Manfred Thümmler hatten sie auch gleich einen „Friedensrichter“ mitgebracht. Als dieser auch noch versprach, jedes Jahr eine Blaskapelle mitzubringen, solange er im Amt sei, war das Eis gebrochen. Aus dem nie ausgebrochenen Bierkrieg war eine Bierfreundschaft geworden.
Die Hofer Bürger waren begeistert, grüßten die Pegnitzer beim Festzug mit Transparenten und stellten mit jedem Schluck „Schlappenbier“ neue verwandtschaftliche Verbindungen zwischen den beiden Städten fest. Thümmler seinerseits lud die Hofer zum Stadtjubiläum nach Pegnitz ein und zahlte jedem Gast eine Maß Bier, insgesamt rund drei Hektoliter. Die Städtefreundschaft – inzwischen sogar vom Pegnitzer Stadtrat offiziell bestätigt – war geboren.
Patenschaft für Schützen
Seither rückt Pegnitz alljährlich mit einer Hundertschaft beim „Schlappentag“ an, die Hofer Schützen revanchieren sich mit Gegenbesuchen. Wer einst einen Bierkrieg fürchtete, sollte sich ein Zitat des Hofer Oberschützenmeisters Günter Hornfeck auf der Zunge zergehen lassen: „Seit über 590 Jahren begeht Hof voller Stolz seinen ,Schlappentag´. Der schönste ,Schlappentag´ aber ist für uns alljährlich der in „Schlappenabend“ in Pegnitz, weil wir da unbeschwert und frei von allen organisatorischen Aufgaben feiern können“. Längst hat die Privilegierte Hofer Scheibenschützengesellschaft zudem eine Patenschaft mit den Schützen aus dem Pegnitzer Ortsteil Willenreuth geschlossen, die ebenfalls intensiv gepflegt wird.
Werkskapelle spielte
Dass der Pegnitzer Pumpen- und Armaturenhersteller KSB viele Jahre lang an einem Werktag seine Werkskapelle für den Hofer „Schlappentag“ zur Verfügung gestellt hat, war als Anerkennung für die hervorragende Ausbildung der angehenden Ingenieure im dualen System an der Hofer Fachhochschule zu verstehen. Später brachte Thümmler – weit über seine Amtszeit hinaus – die „Pegnitzer Buam“, die Jugendbergmannskapelle und die Creußener Stadtkapelle mit, ehe die Feuerwehrkapelle aus dem Pegnitzer Ortsteil Trockau zum festen Bestandteil des Besuchsprogramms wurde.

Ebenfalls seit zwei Jahrzehnten kommen Hofer Bürger im Sommer zum Gegenbesuch nach Pegnitz, wenn rund um den „Schlappenwirt“ ein „Schlappenabend“ gefeiert wird, der inzwischen als schönste Pegnitzer Veranstaltung gilt. Zu den Klängen der „Drei Fregga“, die zudem zur Haus- und Hofkapelle der Hofer Scheibenschützengesellschaft avanciert sind, hat sich der Schlappenbier-Absatz im Laufe der Zeit verzehnfacht.
Zuletzt brachten die Hofer als Gastgeschenk die Idee mit, gemeinsam eine Pegnitzer HofBratwurst zu kreieren. Gesagt, getan. Nach einer Bürgerbefragung über die Geschmackswünsche hat eine Fachjury inzwischen ein Grundrezept erarbeitet, das von den Metzgereien Herpich in Hof sowie von Werner Schiller und Tim Lindner in Pegnitz erfolgreich interpretiert wird.
Viele weitere Besonderheiten kennzeichnen die Freundschaft, die zum zehnjährigen Bestehen sogar von der Oberfrankenstiftung gewürdigt worden ist. Eines aber ist für die Hofer Gäste beim Besuch in Pegnitz einmalig: Regelmäßig werden sie dort mit Blasmusik und einem mitternächtlichen Festzug durch die Straßen der Stadt zum Bahnhof geleitet. Da bleibt selbst der Franken-Sachsen-Express gerne einmal ein paar Minuten länger stehen, bis das letzte Tänzchen am Bahnsteig absolviert ist.
Schlappenabend
Jetzt, da auch die Stadt Hof zum VGN-Verkehrsverbund zählt, sind gegenseitige Besuche noch leichter. Nächste Gelegenheit dazu ist am Freitag, 19. Juli, wenn ab 18.30 Uhr in Pegnitz wieder der „Schlappenabend“ gefeiert wird. Isi Reinl
Foto: Der ehemalige Pegnitzer Bürgermeister Manfred Thümmler zusammen mit den beiden Freundinnen Monika Greim (links) und Stefanie Reinl (rechts), auf die die Bürgerfreundschaft zurückgeht.
Fotos: Isi Reinl