Am 30. Juni endet in Hof eine Ära: Ausgerechnet im 100. Jahr des Bestehens schließt der Traditionsbetrieb Maler Brecheis nicht nur sein Ladengeschäft, sondern stellt auch den handwerklichen Betrieb ein.
„Wir hatten eine langfristige Unternehmensnachfolge geplant, aber das hat sich aus gesundheitlichen Gründen zerschlagen“, berichtet Firmenchef Roland Brecheis (68) auf Nachfrage. Also habe man die Entscheidung getroffen, zu schließen. Die Gründe seien auch in der aktuellen gesamtgesellschaftlichen Situation zu sehen. Das Handwerk habe zwar immer noch Potenzial, aber es fehle an Nachwuchs, und vor allem habe man mit „irrwitzigen Belastungen durch die Bürokratie“ zu kämpfen. Und im Einzelhandel sei in seiner Branche ohnehin „kein Blumentopf mehr zu gewinnen“.
Wichtig ist es für Roland Brecheis, dass es für seine sieben Mitarbeiter nahtlos weitergeht: „Da sind die Aussichten zum Glück sehr gut, unsere Leute werden keine Probleme haben, etwas Neues zu finden.“ Auch der Kundenstamm, den man sich in 100 Jahren aufgebaut habe, sei natürlich sehr begehrt. Für das Ladengeschäft allerdings habe man bisher noch keine Lösung gefunden.
Anfänge vor 100 Jahren
Die heutigen Krisenzeiten sind nicht zu vergleichen mit denen, als das Unternehmen vor 100 Jahren, nicht lange nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg, gegründet wurde. Roland Brecheis hat die damaligen Verhältnisse näher beleuchtet und die Anfänge rekonstruiert. Unter anderem sei damals gerade erst mit einer Währungsreform die Hyperinflation beendet worden, und die Angst vor einem Bürgerkrieg habe die Deutschen umgetrieben. „Das war das Umfeld, in dem der 28-jährige Christian Brecheis am 29. April 1924 seinen Malerbetrieb beim Gewerbeamt der Stadt Hof anmeldete“, erzählt er. Die Meisterprüfung habe sein Großvater erst ein Jahr später mit gutem Erfolg bestanden. Als einer der ersten Malerbetriebe in Hof habe er sich 1928 ein Holzleitergerüst angeschafft – eine gewagte Investition. 1929 habe er bereits drei Maler und einen Hilfsarbeiter beschäftigt. Einer der ersten größeren Aufträge damals seien die Malerarbeiten im Kirchenschiff der 1928/29 erbauten Auferstehungskirche in Moschendorf gewesen.
Die kleine Chronik, die Roland Brecheis über seine Firmen- und Familiengeschichte geschrieben hat, liest sich spannend wie ein Tatsachenroman und spiegelt auch viel an Hofer Geschichte wider. Eine besonders spektakuläre Episode sei hier hervorgehoben: „1953 hatte mein Vater Rudolf den Auftrag, den Löwenbräukeller am Oberen Anger / Ecke Königstraße zu renovieren“, berichtet Roland Brecheis. An der Giebelseite zum Hallenbad sollte das Brauerei-Logo in einer Größe von sechs mal zehn Metern aufgemalt werden. Diese Aufgabe habe der Meister Rudolf zusammen mit einem Lehrling übernommen. In zehn Metern Höhe sei dabei die Sprosse einer Gerüstleiter gebrochen, und plötzlich sei alles im freien Fall gewesen, einschließlich der Farbtöpfe. Meister und Lehrling hätten sich zwar retten können, aber seien derart mit blauer Ölfarbe übergossen gewesen, dass ihr Anblick im Löwenbräukeller für Entsetzen sorgte: „Die Kellnerin erschrak so sehr, dass sie die Geldkassette raffte, hinter der Küchentür verschwand und sie von innen verriegelte“, schreibt Roland Brecheis.
In seiner eigenen Zeit sei ihm zwar kein derartiges Spektakel unterlaufen, aber interessante Arbeiten wie die Sanierung von Schloss Hofeck oder die Ausgestaltung des Verkaufsraums im Café Vetter würden ihm immer im Gedächtnis bleiben. „Es ist einfach befriedigend, gestalterisch etwas zu machen“, sagt er. Und deshalb freue man sich auch besonders, wenn zum Beispiel Fassaden nach Jahren und Jahrzehnten noch in den schönsten Farben strahlen.
Langsamkeit lernen
Für den bevorstehenden Ruhestand haben sich Roland Brecheis und seine Frau Heidi nichts Besonderes vorgenommen. „Wir haben noch nie Pläne gemacht, wir genießen den Tag“, verrät er. Heidi Brecheis wird da schon etwas genauer: „Ich werde endlich mehr Zeit haben, um Klavier zu spielen, zu malen und zu schwimmen“, freut sie sich. Gemeinsam werde man wandern und radeln, sich mehr als bisher um die Enkel kümmern und überhaupt bestehende Beziehungen intensiver pflegen. „Wir hatten ein sehr harmonisches Familienunternehmen“, zieht Heidi Brecheis Bilanz. „Aber es musste immer alles schnell-schnell gehen. Jetzt werden wir uns Zeit nehmen und Langsamkeit lernen.“ Manfred Köhler
Foto:
Roland und Heidi Brecheis vor der historischen Eingangstür der vor 100 Jahren gegründeten Firma Brecheis, die restauriert und als Familienerbe bewahrt wurde. Foto: Manfred Köhler