Vom Steuerfachbuch zum Mitglied im tschechischen P.E.N.-Club: Sabine Dittrich hat schon immer gern geschrieben. Ihr jüngstes Buch „Goldbachtal“ handelt von einem Tal im deutsch-tschechischen Grenzgebiet. Zu Tschechien hat die ehemalige Inhaberin einer Hofer Buchhandlung schon lange eine besondere Beziehung.
Aufgewachsen ist Dittrich, Jahrgang 1962, in einem kleinen Ort im Nordschwarzwald. Als ihre Mutter, die aus Gattendorf stammte, zurück nach Hof ging, ließ es die gelernte Steuerfachangestellte darauf ankommen: Würde sie eine passende Stelle finden, würde sie auch mitkommen. Und siehe da, es hat geklappt, was im Jahr 1985 durchaus keine Selbstverständlichkeit war.
Bald bekam die junge Frau anspruchsvollere Aufgaben, bildete sich weiter und war später bei verschiedenen Bildungsträgern als Dozentin tätig. „Das hat mir großen Spaß gemacht“, erinnert sie sich. Durch den Unterricht kam sie auf die Idee zu einem Spiel, das den Lernstoff „gehirngerecht“ an den Mann und die Frau brachte, und so wurde schließlich ein Fachbuchverlag auf sie aufmerksam. Dittrich erhielt den Auftrag zu einer Reihe von Büchern für zukünftige Steuerfachangestellte.
„Du könntest doch auch was anderes schreiben“
„Du könntest doch auch was anderes schreiben“, sagte eines Tages ihr Steuerbuch-Lektor zu Sabine Dittrich. Als sie einige Zeit später einen jüdischen Friedhof besuchte, kam ihr die Idee zu ihrem ersten Roman: Eine junge Frau entdeckt ihren eigenen Namen auf einem Grabstein … „Erben des Schweigens entstand“ – allerdings nicht ohne gründliche Recherche zu Geschichten, Daten und Orten. „Ich war selbst an allen Schauplätzen meiner Bücher“, berichtet die Autorin.
Bereits als Jugendliche hatte Sabine Dittrich eine Brieffreundschaft mit einer Gleichaltrigen aus der Nähe vom Olmütz (tschechisch Olomouc) in Mähren begonnen. Als sich die Beiden nach 1990 zum ersten Mal persönlich treffen konnten, habe „die Chemie sofort gepasst“, erzählt Dittrich. Seither sei man regelmäßig im Kontakt. Seit 2003 lernt die Autorin mit Unterbrechungen Tschechisch, inzwischen auf B1 Niveau. „Ich wollte was verstehen, wenn ich mit meiner Freundin unterwegs war“, sagt Sabine Dittrich. Außerdem fände sie es „selbstverständlich, die Sprache unserer Nachbarn wenigstens etwas zu lernen“, wenn man regelmäßig in dem Land unterwegs sei. Etwas gebremst wurde ihr Lerneifer nur in der Zeit, als sie Inhaberin einer bekannten Hofer Buchhandlung war: Grau & Cie in der Friedrichstraße.
In Tschechien ist Sabine Dittrich in der Tat viel unterwegs: auf Buchmessen in Prag oder bei Buchtaufen – einem Ereignis, das bei uns unbekannt ist. „Ein Buch wird dabei auf die Reise geschickt, dass es seinen Weg zum Leser finden möge“, erzählt Dittrich. „Immer stilecht mit einer Sektflasche, wie bei einer Schiffstaufe.“ Auch für ihre eigenen Bücher hat Dittrich diese – ganz und gar tschechische – Tradition eingeführt und tauft sie einmal in Deutschland und einmal in Tschechien.
2018 ist „Erben des Schweigens“ auch auf Tschechisch erschienen. „Und auf Esperanto“, ergänzt Sabine Dittrich. Das sei etwas Besonderes, da es in dieser Sprache mit ganz einfacher Grammatik nur wenige Romane gebe. Ein weiterer Roman erschien 2017 fast zeitgleich mit der Neuausgabe einer Autobiografie von Přemysl Pitter, der im Mai 1945 jüdische Kinder aus Theresienstadt holte. Pitter nahm auch hunderte deutsche Kinder auf und setzte sich maßgeblich für die Versöhnung zwischen Deutschen und Tschechen ein.
Sabine Dittrichs Engagement für und in Tschechien – wie beim „Literarischen Franzensbad“ seit dem Jahr 2016 – zeigt ebenfalls Früchte: 2018 wurde sie in den Prager P.E.N.-Club berufen, einem traditionsreichen internationalen Verband von Schriftstellern. „Da kann man nicht einfach so Mitglied werden“, erzählt die Hofer Autorin. „Man wird vorgeschlagen.“ Der Verband begleite und unterstütze eigene Vorhaben wie Lesungen und andere Veranstaltungen in Tschechien.
In Hof kann man Sabine Dittrich im Dezember mit Bayrisch-Böhmischen Krippengeschichten hören; sie wird dabei aus ihrem Buch „Zwölfeinhalb Wege nach Bethlehem“ lesen. Über ihr aktuelles Buch „Goldbachtal“ sagt sie, es sei „eigentlich ein Experiment“, könne weder dem Genre Roman noch einem Sachbuch zugeordnet werden. Es sei inspiriert vom Dreiländereck Bayern-Böhmen-Sachsen, von Geschichte und Geschichten. „Der Ort erzählt selbst“, mehr verrät die Autorin nicht.
Romane, Historisches, Krippengeschichten: Welches ist eigentlich ihr Lieblingsbuch? „Es sind alles meine Babys“, meint Dittrich, die inzwischen – wie einst ihre Mutter – in Gattendorf wohnt. Die meisten ihrer Werke sind jedoch nicht hier entstanden, sondern in einem Kloster in Tutzing. Dorthin wandert sie zurzeit in Etappen, allein. „Ich brauche das“, sagt sie. „Beim Laufen kommen interessante Gedanken.“
Claudia Schott
Veranstaltung mit Sabine Dittrich
13. Dezember um 19 Uhr im Museum Bayerisches Vogtland:
Bayrisch-Böhmische Krippengeschichten
Was haben Adam und Eva beim Stall von Bethlehem zu suchen? Die Autorin wird aus ihrem Buch „12 ½ Wege nach Bethlehem“ lesen. Es gibt Wissenswertes rund um die Krippentradition sowie die Geschichte von einer verloren gegangenen Weihnachtskrippe, die nach über 50 Jahren in ihre Heimat zurückgefunden und für deutsch-tschechische Freundschaften gesorgt hat. Sabine Dittrich wird außerdem einige besondere handgeschnitzte Figuren ihrer Hauskrippe (Böhmisches Niederland) mitbringen.
Fotos: Claudia Schott, Verlag