Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum – heutzutage in aller Munde – ist kein neuartiges Problem: Die Baugenossenschaft Hof (BG) wurde 1909, vor über hundert Jahren, gegründet, um sich genau dieses Problems anzunehmen. „Gerade in unserer Region mit den vergleichsweise niedrigen Einkommen ist eine bezahlbare Miete wichtig“, betont BG-Vorstandsvorsitzende Daniela Rödel.
Aktuell besitzt die Baugenossenschaft Hof rund 3600 Wohnungen; 900 davon öffentlich gefördert. In den vergangenen 20 Jahren habe man sowohl in energetische Modernisierung investiert (und damit den Energieverbrauch seit 1990 um über 45 Prozent reduziert) als auch neu gebaut – immer unter der Prämisse, die Mietpreise bezahlbar zu halten. „Gelungen ist uns das unter anderem dank verschiedener Förderprogramme“, erklärt Daniela Rödel, „die es jetzt jedoch nicht mehr gibt.“
„Wir müssen uns neu erfinden.“
Rödel ist ausgebildete Kauffrau der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft, hat zunächst bei einem kommunalen Wohnungsunternehmen gearbeitet und berufsbegleitende Studiengänge zur Diplomierten Wohnungs- und Immobilienwirtin FWI sowie zum Bachelor Immobilienmanagement und Facility Management absolviert. Seit 2011 ist sie Vorstandsvorsitzende der Baugenossenschaft Hof, der größten Baugenossenschaft in Bayern, und hat noch keine vergleichbare Situation erlebt: „Wir müssen uns neu erfinden.“
An einem möchte sie dabei jedoch nicht rütteln und zitiert Paragraf 2 der Satzung, die sich die Baugenossenschaft vor 113 Jahren gegeben hat: „die Förderung unserer Mitglieder vorrangig durch eine gute, sichere und sozial verantwortbare Wohnungsversorgung“. Soll heißen: Es geht um viel mehr als einen erschwinglichen Mietpreis. So gibt es bei der Baugenossenschaft Hof beispielsweise schon seit 2014 eine Seniorenbeauftragte – lange bevor die meisten Städte und Gemeinden derartige Ämter eingeführt haben. Man habe festgestellt, dass vor allem die älteren Mitglieder mit so manchen Formalitäten überfordert seien, keine Kinder vor Ort haben, die sie unterstützen können, und dringend jemanden brauchen, der ihnen hilft. Und habe entsprechend reagiert.
Aktuell ist es Daniela Rödel ein Herzensanliegen, die BG-Mitglieder (und alle anderen Hofer) auf die Möglichkeiten des neuen Wohngeld plus hinzuweisen. Die Anhebung der Einkommensgrenze könne beispielsweise für einige Rentner eine Entlastung bedeuten. „Ich weiß, dass es gerade diesen Menschen oft schwerfällt, Hilfe vom Amt in Anspruch zu nehmen – aber sie steht ihnen zu.“ Zwei Mitarbeiter der BG seien speziell dafür ausgebildet, den Mitgliedern beim Ausfüllen der Anträge behilflich zu sein.
Neuer Treffpunkt
Ebenfalls als Reaktion auf Bedürfnisse der BG-Mitglieder entstand das Café in der Layritzstraße: Eine beliebte Gaststätte hatte geschlossen, das Gebäude stand leer, ein vormals belebter Treffpunkt war verloren. „Uns war klar: Dieser Treffpunkt für die Nachbarschaft muss erhalten bleiben“, erinnert sich Daniela Rödel.
Gemeinsam mit dem Familienzentrum Mütterclub, das damals gerade auf der Suche nach einer neuen Heimat war, entstand die Idee eines Quartierstreffs, der mit Mitteln der Städtebauförderung erheblich gefördert wurde.
Das Café mit Kinderspielbereich bietet heute dank des Mütterclubs ein buntes Programm für Jedermann und ist gleichzeitig als BG-Café (immer donnerstags ab 14 Uhr) ein beliebter Treffpunkt für BG-Mitglieder. Auch Gästewohnungen im Haus sowie die Option, das Café für Familienfeiern anzumieten, gehören zum Konzept.
Mitglieder im Blick
Wenn die Vorstandsvorsitzende über ihre Pläne für die Baugenossenschaft spricht, geht es stets um die Frage: „Was brauchen unsere Mitglieder?“ Ein wichtiges Anliegen, das habe auch eine Umfrage aus dem Jahr 2018 zum Thema „Wie wollen wir 2028 wohnen?“ ergeben, sei es, für gute Nachbarschaft zu sorgen, denn: „Wer sich kennt, geht anders miteinander um.“
Der Umgang mit Menschen mache Daniela Rödel schon immer große Freude. „Mit meiner Arbeit möchte ich den Menschen in meiner Heimatstadt neue Möglichkeiten geben und Perspektiven eröffnen.“
Herausforderungen habe sie dabei in ihren 40 Berufsjahren schon einige meistern müssen – von der Abschaffung der Gemeinnützigkeit über die Einführung der Betriebskostenabrechnung bis hin zur Euro-Umstellung. „Doch noch nie habe ich so viel Ratlosigkeit in der Branche erlebt wie zurzeit. Die politischen Auflagen überschlagen sich und keiner fragt sich, wer das bezahlen soll.“
Klimakonzept
In dem Spannungsfeld, wirtschaftlich handeln und gleichzeitig den Mitgliedern gerecht werden zu müssen, erarbeite man gerade ein Klimakonzept für die Zukunft.
Im vergangenen Jahr konnten 60 Prozent der geplanten Maßnahmen nicht oder erst später durchgeführt werden. „Damit sind wir in guter Gesellschaft, denn die sozial orientierte Wohnungswirtschaft hat die Notbremse gezogen und 75 Prozent ihrer Projekte in Deutschland gestoppt. Wir brauchen neue Konzepte und frische Ideen, um weiter im Klimaschutz voranzukommen und unseren Aufgaben dennoch gerecht zu werden. Das wird eine Weile dauern.“ Der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum wird derweil nicht sinken… Sandra Langer