Annette Mahlendorf hatte Ende der 90er Jahre drei Stellen zur Auswahl. Sie hat sich, so erzählt sie rund 25 Jahre später, „für die Kunst und für Hof“ entschieden. Wie lange und wie intensiv diese Entscheidung ihr Leben prägen sollte, konnte sie damals nicht ahnen. Heuer feiert die Bühnen- und Kostümbildnerin am Theater Hof 25. Dienstjubiläum – ebenso wie ihr Lebensgefährte, Intendant Reinhardt Friese. Das Kind, das die beiden hier großgezogen haben, ist längst erwachsen und hat das Nest verlassen. Und auch Annette Mahlendorf und Reinhardt Friese werden nach der kommenden Saison von Hof Abschied nehmen.
Zuvor jedoch blicken sie gemeinsam auf ihre jeweils 25 Dienstjahre in Hof zurück und erzählen, warum sie der Saalestadt und ihrem Theater (mit kurzen Unterbrechungen) für Theater-Verhältnisse ungewöhnlich lange treu waren.
Anfangs Gastregisseur
Reinhardt Friese hatte kurz nach Annette Mahlendorf sein erstes Engagement in Hof als Gastregisseur. Beim Arbeiten habe man sich kennen und lieben gelernt – und beschlossen, zunächst einmal gemeinsam in Hof zu bleiben, um als Familie an einem Ort leben zu können. Dass es am Ende doch so viele Jahre wurden, liegt nicht nur an der Stadt, die beide mögen und an die sie sich schon alleine deshalb gebunden fühlen, weil sie hier ihr Kind großgezogen haben. Es liegt – natürlich – auch und besonders am Theater. Beide haben auch Projekte an anderen Häusern begleitet, doch beide hat es immer wieder zurück nach Hof gezogen.
„In dem Haus herrscht ein sehr familiärer Umgang miteinander, das hat mir immer gefallen“, sagt Annette Mahlendorf. Man kennt sich, kann Dinge auf dem kurzen Dienstweg klären, und auch in der schweren Corona-Zeit habe sich ein großer Zusammenhalt gezeigt. „Das war nicht nur eine Arbeitsstelle, das war eine Herzensangelegenheit.“
Reinhardt Friese, seit über zehn Jahren Intendant des Hofer Theaters, erinnert sich noch lebhaft an seine erste Reise nach Hof. Er begleitete einen befreundeten Schauspieler, der für ein Engagement von Hamburg nach Hof zog. Es war ein langer, harter Hofer Winter (die Älteren unter uns erinnern sich). Alles war eingeschneit, die Laderampe war am Lieferwagen festgefroren, es war Nacht, bis Friese und sein Freund endlich sicher ankamen. Und es brauchte einen zweiten Blick bei Tageslicht, um die Liebe zu der Saalestadt zu wecken.
Sofort beeindruckt
„Von dem Theater war ich sofort beeindruckt“, erinnert sich Friese. „Ein so moderner Bau an exponierter Position.“ Das habe er nicht erwartet und sich gedacht: „Da muss etwas richtig sein in einer Stadt, die so etwas schafft.“ Das habe sich bis heute bestätigt. So lange wie in Hof hat der Intendant, abgesehen von seiner Kindheit, an keinem anderen Ort gelebt. „Und ich bereue kein einziges Jahr.“
Auch Annette Mahlendorf hat ihre künstlerische Heimat in Hof gefunden. Zwar gastiert sie nach wie vor an anderen Häusern – „aber der Reiz von Hotelzimmern und Theaterwohnungen verliert sich schnell“. In Hof genieße sie entspanntes Wohnen und Arbeiten, wisse um alle technischen Möglichkeiten des Hauses und kenne vor allem die Menschen, mit denen sie zusammenarbeitet, gut.
Nach der Decke strecken
Die intensive Orts- und Menschenkenntnis macht es den beiden Künstlern möglich, ihr Haus bisweilen herauszufordern. „Sich nach der Decke strecken“ oder „nach den Sternen greifen“, nennt Reinhardt Friese das, wenn er von großen Produktionen wie beispielsweise aktuell „Jack the Ripper“ spricht. „Wir wissen, dass das viel ist“ sagt er. „Vielleicht ist es für machen sogar ein bisschen eine Zumutung.“ Aber am Ende seien alle stolz auf das Geschaffte, und das Team ist einmal mehr gemeinsam gewachsen. Gerade die spartenübergreifenden Projekte, die viele Häuser scheuen, wecken das Verständnis füreinander und stärken das Vertrauen, das die Akteure auf und hinter der Bühne brauchen, um über sich hinauszuwachsen.
Das Publikum dankt es dem Theater Hof mit Begeisterung und großer Treue selbst in Zeiten der Pandemie. „Das ist das Schöne an den Franken, insbesondere an den Hofern“, sagt Friese: „Sie sind zuverlässig. Dieses Band lässt sich nicht so leicht zerreißen.“
Nirgendwo lieber
Das sei eine tolle Basis, zumal es das Hofer Theater in den vergangenen Jahren arg gebeutelt hat – vom verspäteten Beginn der Sanierung über die Probleme mit der Schaustelle, die Pandemie, bis hin zum Wasserschaden just am Ende der Sanierung. „Das kam schon wirklich knüppeldick. Aber ich hätte es nirgendwo lieber durchgemacht als hier.“
Warum dann gehen? Reinhardt Friese und Annette Mahlendorf wollen den Moment des Absprungs nicht verpassen. „Es heißt nicht umsonst, man soll gehen wenn’s am schönsten ist“, weiß der Intendant. „Noch sagen alle ,Ach, schade!‘. Das ist besser als erst dann zu gehen, wenn alle schon drauf warten.“
Wo es hingeht? Das weiß das Künstlerpaar noch nicht. Aber: „Es verschlägt einen im Theaterleben immer irgendwo hin. Und es kommt ohnehin alles anders, als man plant. Wir werden das gemeinsam angehen und uns überraschen lassen.“ Sandra Langer