Unsere Region hat viele Besonderheiten. Auch im privaten Bereich zeigen nun Menschen ihre außergewöhnlichen, persönlichen Schätze, die selten zu finden sind. So wie die kleine, aber feine Musikinstrumentensammlung von Gustav „Gustl“ Lau aus Hofeck. Zu dieser Sammlung gehört ein rares Harmonium, das der 76-jährige Hobby-Musiker von seiner Großmutter geerbt hat und das in den Jahren 1902/1903 in Berlin hergestellt wurde.
Machen wir nun einen Sprung in die Vergangenheit. Wir befinden uns in Hof im Zweiten Weltkrieg, in der Phase, als jeden Tag mit feindlichen Bombern gerechnet wird. Ein paar benachbarte Hausbesitzer in der damaligen Nailaer Straße, heute Neuhofer Straße – das kurze Stück parallel zur Ernst-Reuter-Straße am Ziegelacker – haben ihre Kellerräume durchgebrochen und Verbindungsgänge geschaffen. Der Hintergrund: Falls eine Bombe auf ein Haus fiele, würde man im eigenen Keller nicht verschüttet werden, sondern könnte über die Nachbarhäuser ins Freie gelangen.
Auf diese Weise hat man in den verbundenen Kellerräumen auch einen Versammlungsraum geschaffen, in dem sich alle Nachbarn bei Fliegeralarm einfanden. Gustl Laus Großmutter, Rosa Kick, setzte sich an ihr in den Keller geschafftes Harmonium und spielte mutmachende Melodien und Kirchenlieder, um die große Angst aller Beteiligten vor einem Bombentreffer zu lindern. Normalerweise kam das Harmonium hauptsächlich in der Weihnachtszeit zum Einsatz.
Bombardierung
Wie wir wissen, wurde am 12. April 1945 Unterkotzau wegen der Eisenbahnbrücke bombardiert. 100 Tote waren zu beklagen und etliche Anwesen gingen in Flammen auf. Aber der Ziegelacker wurde verschont und somit auch die Häusergemeinschaft in der ehemaligen Nailaer Straße. Die Verbindungsgänge in den Häusern wurden übrigens gleich nach Kriegsende wieder zugemauert.
Musik-Talent geerbt
Gustl Lau wurde ein Jahr nach Kriegsende in dem Haus seiner Großmutter in der Neuhofer Straße geboren und wuchs dort auf. Er hat das musikalische Talent seiner Oma geerbt und brachte sich selbst das Spielen von Tasten- und Zupfinstrumenten bei. In der von Mädchen umschwärmten Hofer „Boygroup“ namens „The Haleys“, die sich Mitte der 60er Jahren gründete, saß er zwei Jahre am Schlagzeug, bevor er wegen seiner Ausbildung Hof verlassen musste. Ein paar Jahre später kehrte er nach Hof zurück und kaufte 1978 mit seiner Frau ein 1865 erbautes Haus in Hofeck. Da seine Schwester in den USA lebt und auch sein Bruder Hof Richtung Kassel verließ, durfte er als „Daheimgebliebener“ Großmutters Harmonium behalten. Sonja Wietzel-Winkler
Bild: Gustl Lau in seinem Musikzimmer mit dem rund 120 Jahre alten Harmonium rechts im Bild, drei Akkordeons, einer Laute, Mandoline, Gitarre, Geige, Klavier und zwei Orgelpfeifen aus einer abgebrannten Kirche. Nicht dem auf dem Foto sind drei rund 90 Jahre alte Bauern-Zithern, Maultrommeln, eine Okarina, Flöten und Mundharmonikas.
Fotos: Sonja Wietzel-Winkler