Wenn Markus Hüttner zur Leine greift, ist Hündin Nala in freudiger Erwartung. Steht nur ein Spaziergang an – oder ein Arbeitseinsatz? Markus Hüttner ist Hundeführer und stellvertretender Fachdienstleiter der Rettungshundestaffel des BRK Kreisverbands Hof. Hündin Nala ist ausgebildeter Mantrailer. Weil es davon beim Roten Kreuz bayernweit nur zehn bis 15 gibt, sind Hüttner und Nala weit über die Region hinaus im Einsatz.
Aufgabe von Rettungshunden ist es, Menschen, die sich in einer hilflosen oder lebensbedrohlichen Situation befinden, in teils unwegsamem Gelände aufzuspüren. Dabei unterscheidet man die sogenannte Flächensuche und das Mantrailing. Bei der Flächensuche sucht der Hund frei und selbstständig ohne Leine Wälder oder Freiflächen ab und meldet frischen menschlichen Geruch in Verbindung mit einem sogenannten „Findebild“.
Tanja Knörnschild, die mit ihrem Rüden Jasper für das Hofer BRK in den vergangenen Jahren schon so manchen Menschen in Not aufgespürt hat, erklärt, was es mit dem „Findebild“ auf sich hat: „Jogger oder Spaziergänger muss Jasper nicht verbellen. Er sucht nach Personen, die beispielsweise auf dem Boden liegen oder kauern.“ Auch Menschen auf Jägerständen muss der Hund anzeigen – denn bisweilen suchen beispielsweise Betrunkene dort Schutz, schlafen ein und drohen zu erfrieren. Oft gilt es auch verirrte Kinder oder verletzte Wanderer zu suchen.
Jaspers „Arbeitskleidung“ ist eine Decke mit BRK-Aufdruck und Reflektoren. Auch eine Glocke, anhand derer Tanja Knörnschild hören kann, wo ihr Hund sich gerade aufhält, gehört zur Ausrüstung. Die Decke soll den vermissten und eventuell verletzten Personen zeigen, dass es sich um einen Rettungshund handelt, und ihnen die Angst vor dem bellenden Hund nehmen. Denn wenn Jasper eine Person gefunden hat, macht er mit Bellen auf sich aufmerksam, bis seine Hundeführerin die gesuchte Person erreicht hat. Eine andere Art der Anzeige wäre das sogenannte Rückverweisen, bei der die Hunde zwischen der gefundenen Person und Hundeführer hin- und herpendeln – bis der Hundeführer mit dem Hund an der vermissten Person angekommen ist und mit der Erstversorgung beginnen kann. Alle Hundeführer haben eine entsprechende Sanitätsausbildung absolviert.
Die 22 aktiven Mitglieder der Hofer Rettungshundestaffel, darunter sechs geprüfte Teams aus Hundeführer und Hund, haben im vergangenen Jahr rund 4500 ehrenamtliche Trainings- und Arbeitsstunden geleistet und dabei einige Menschen aus einer Notlage gerettet. In der Regel absolviert die Rettungshundestaffel zwischen 20 und 25 Einsätze pro Jahr.
Den Unterschied zwischen Flächensuchhunden wie Jasper und Mantrailern wie Nala erklärt Markus Hüttner: „Während die Flächensuchhunde jede menschliche Witterung in einem dem Hundeführer zugeteilten Gebiet anzeigen, muss der Mantrailer einen bestimmten Menschen finden, indem er seinem Geruch folgt.“ Dafür braucht man einen Geruchsträger des vermissten Menschen, beispielsweise ein getragenes Kleidungsstück, und muss wissen, wo sich der Gesuchte zuletzt aufgehalten hat.
Anders als Jasper sucht Nala nicht frei, sondern an der Leine. „Sie kann den Weg des gesuchten Menschen recht sicher finden“, berichtet Hüttner. Das funktioniert sogar bis zu sechs Tage nach dem Verschwinden der gesuchten Person. „Die Nasen dieser Hunde sind Hochleistungsorgane“, weiß Nalas Herrchen. „Wir werden meistens von der Polizei alarmiert, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind und alle technischen Geräte nicht mehr weiterhelfen können.“
Manchmal sucht das Team demente Personen oder Menschen mit suizidalen Absichten. „Nala kann beispielsweise auf bis zu 100 oder 200 Meter genau eingrenzen, wo ein Mensch ins Wasser gegangen ist.“ Auch wenn die Gesuchten in ein Auto oder einen Zug steigen, endet Nalas Job an diesem Punkt. Dass sie gar keine Spur findet, kommt praktisch nicht vor.
Ob Mantrailer oder Flächensuchhunde: Hund und Mensch müssen einander für diese Arbeit blind vertrauen und ein eingespieltes Team sein. Zwei bis drei Jahre dauert die Ausbildung; am Anfang steht für jeden Hund ein grundsätzlicher Wesens- und Eigungstest. Frauchen und Herrchen müssen außerdem eine BRK-Grundausbildung, einen Sanitätslehrgang sowie unter anderem Lehrgänge zu den Themen Funkverkehr oder Umgang mit Karte und Kompass absolvieren.
Haben Hund und Hundeführer nach Ende der Ausbildung die Prüfung zum Mantrailer oder Flächensuchhund bestanden, muss die Prüfung dennoch alle zwei Jahre wiederholt werden – „wie beim TÜV“. Die Mitglieder der Hofer Rettungshundestaffel trainieren mindestens zwei Mal wöchentlich. Am Samstag dauern die Trainingseinheiten in Fichtelgebirge und Frankenwald bis zu fünf Stunden. Darüber hinaus übt jeder Hundehalter für sich mit seinem Tier regelmäßig die sogenannte „Unterordnung“: Fußlaufen, Sitz, Platz oder bei Bedarf auch das Tragen eines Maulkorbs müssen reibungslos funktionieren.
„Rettungshunde müssen aufgeschlossen, motiviert und selbstbewusst sein.“

Nicht alle Hunde sind für diesen Job geeignet. Es ist jedoch, wie Markus Hüttner erklärt, weniger eine Frage der Rasse denn des Charakters: „Rettungshunde müssen aufgeschlossen, motiviert, verspielt und selbstbewusst sein.“ Zwar seien beispielsweise Labradore und Golden Retriever beliebte Flächensuchhunde und Bloodhounds oder Jagdhunde gute Mantrailer. Aber: „Es kann mit jedem Hund klappen.“
Trümmersuchhunde gibt es beim BRK Hof im Moment nicht. Die Trümmersuche baut auf der Flächensuche auf. Aktuell absolvieren drei Hofer Teams eine entsprechende Ausbildung, wobei sich erst nach Monaten zeigen wird, ob sie tatsächlich für diese schwierige Aufgabe geeignet sind. „Durch die Häufung extremer Wetterereignisse wird diese Aufgabe immer wichtiger“, sagt Tanja Knörnschild, die selbst bald als Praxisanleiterin für Rettungshund-Teams fungieren darf. Trümmersuchhunde dürfen sich weder von verschütteten Leckereien noch von getragener Kleidung oder Leichengeruch ablenken lassen. Ihre Aufgabe ist es, lebende Menschen unter den Trümmern von Gebäuden aufzuspüren.
Anders als beispielsweise Polizeihunde sind die Rettungshunde nicht Eigentum des BRK, sondern „Hunde mit Nebenjob“, die zu ihren Frauchen und Herrchen gehören. „Privat sind das ganz normale Familienhunde“, sagt Markus Hüttner. Wie zur Bestätigung versucht Jagdhund-Mischling Nala ihrem Herrchen und Hundeführer trotz ihrer nicht unbeträchtlichen Größe auf den Schoß zu klettern und sich ihre Streicheleinheiten abzuholen.
Sandra Langer
Aufgabe von Rettungshunden ist es, Menschen, die sich in einer hilflosen oder lebensbedrohlichen Lage im Gelände befinden, aufzuspüren und ihnen damit unter Umständen das Leben zu retten. Wer die ehrenamtliche Arbeit der Rettungshundestaffel des BRK Kreisverband Hof unterstützen möchte, kann unter Angabe des Verwendungszwecks „Rettungshundestaffel“ an folgende IBAN spenden: DE26 7806 0896 0000 0165 00.
Hundebesitzer, die sich für die ehrenamtliche Arbeit interessieren, erreichen Fachdienstleiterin Claudia Puchta unter E-Mail Fachdienst.rhs.hof@gmx.net. Auch Helfer ohne Hund können bei der Rettungshundestaffel tätig sein: Sie laufen beispielsweise mit den Hundeführern mit oder assistieren beim Trainingsbetrieb.
Fotos: Claudia Puchta/BRK