Wann immer Helga Schreyer ein Buch aufschlug, wurde es mucksmäuschenstill in ihrer Kindergarten-Gruppe. Das junge Publikum lauschte mit großen Augen und gespitzten Ohren, welche spannende oder lustige Geschichte ihre Erzieherin diesmal ausgewählt hatte. Der Arbeitsalltag liegt heute zwar hinter Helga Schreyer. Aber das Vorlesen hat die Rentnerin nicht aufgegeben. Als Vorlesepatin der Hofer Stadtbücherei schlägt sie ihr Buch derzeit vor der Kamera auf, streamt online in die Kinderzimmer der Region – und freut sich schon jetzt auf den Moment, wenn sie wieder live mit ihrem Publikum in Kontakt treten kann.
„Helga Schreyer ist eine unserer Vorlesepatinnen der ersten Stunde“, erzählt Bibliothekarin Katharina Burkhardt, die das Vorlesepaten-Projekt der Hofer Stadtbücherei betreut. Es entstand im Jahr 2002 nach einem Vortrag der Stiftung Lesen, aus dessen Publikum Burkhardt sogleich die ersten Mitstreiterinnen rekrutiert hat. Heute sind es ungefähr 13 Vorlesepaten – Frauen und Männer, Berufstätige und Rentner – die im Wechsel jeden Dienstagnachmittag in der Stadtbücherei ihr junges Publikum mit verschiedensten Geschichten beglücken. Jede Lesung dauert ungefähr 30 bis 45 Minuten; die Geschichten suchen die Vorlesepaten selbst aus.
Wer Katharina Burkhardt um Rat fragt, was er denn vorlesen könne, erhält zur Antwort: „Spaß muss es machen! Vorleser und Kind sollten damit etwas anfangen können. (Ganz egal, ob es nun pädagogisch wertvoll ist, oder nicht.)“ Die Bibliothekarin habe selbst schon immer gerne und unglaublich viel gelesen – und später ihren Kindern mit Freude vorgelesen. Eine Leidenschaft, die Katharina Burkhardt und Vorlesepatin Helga Schreyer eint: „Ich war schon immer sehr bücheraffin und habe auch als Kindergärtnerin viel vorgelesen“, sagt Schreyer. Sie holt zu ihren Vorlese-Terminen gerne mal alte Klassiker aus dem Regal, lässt sich aber ebenso gerne von ihren Enkelkindern für ganz neuen Lesestoff begeistern.
Mit Freude erinnert sich die Vorlesepatin an viele zweisprachige Lesungen, bei denen sie mit verschiedenen Partnern Texte eines Kinderbuchs in Deutsch und einer Fremdsprache vorgetragen hat – von Tschechisch über Arabisch bis hin zu Türkisch. Großen Spaß macht es der Erzieherin auch, nach dem Lesen mit ihren kleinen Zuhörern ins Gespräch zu kommen. Das musste in diesem Jahr jedoch leider ausfallen. Wegen der Corona-Pandemie wird aktuell online gelesen. Techniker der Freiheitshalle haben Katharina Burkhardt beim Einrichten der Technik geholfen und die erste Lesung begleitet. Fast alle Lesepaten haben sich ohne Scheu vor die Kamera gesetzt und losgelegt: Die Begeisterung für das Lesen wog schwerer als die Scheu vor der Technik.
Katharina Burkhardt ist überzeugt: „Lesen ist eine wichtige Basis. Es hilft, die Sprache und das Ausdrücken zu erlernen. Wer liest, hat einen ganzen Pool von Wörtern und Geschichten im Kopf, die das Leben bereichern.“ Zum 100. Jubiläum der Hofer Stadtbücherei haben die Bibliothekarin und die Lesepaten in diesem Jahr eine Reise durch 100 Jahre Kinderbuch-Geschichte präsentiert – von Emil und die Detektive über Pipi Langstrumpf und Jim Knopf bis hin zu Mama Muh. Ein buntes und abwechslungsreiches Lesejahr. Noch schöner wird es im nächsten Jahr, wenn die Vorleser nicht mehr in die Kamera, sondern hoffentlich wieder in leuchtende Kinderaugen blicken.
Sandra Langer
Vorlesenachmittag:
Der nächste Vorlese-Nachmittag der Stadtbücherei Hof findet am Dienstag, 21. Dezember, um 16 Uhr statt. Rosemarie Walter, ebenfalls Vorlesepatin der ersten Stunde, liest aus dem Buch „Schneefunkelwunder“ (siehe Buchvorstellungen). Zugangsdaten erhalten Interessierte über die E-Mail-Adresse stadtbuecherei@stadt-hof.de.
Wer selbst Vorlesepate werden möchte, und auch Kindergärten oder Schulen, die sich Besuch von einem Vorlesepaten wünschen, können sich gerne an Katharina Burkhardt wenden: katharina.burkhardt@stadt-hof.de.
Lesen macht nicht nur schlau, sondern auch eine Menge Spaß. Kinder- und Jugendbibliothekarin Katharina Burkhardt stellt hier einige Bücher vor, die ihr besonders gefallen – und die nicht nur bei kleinen Bücher-Fans für Verzückung unterm Weihnachtsbaum sorgen. Das Ausleihen von Büchern der Stadtbücherei Hof ist für Kinder und Jugendliche übrigens kostenfrei.
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Fotos: Christian Kirchmann