Früher war er Polizist, dann Bürgermeister. Heute ist er freier Autor und in erster Linie ist er ein Helfer, der sein Wirken und seine unzähligen Kontakte dafür einsetzt, bedürftigen Menschen Gutes zu tun. Ein richtiger Dickschädel kann Manfred Nürnberger sein. Besonders dann, wenn es darum geht, seine Hilfeleistungen zu managen. Da lässt er keine Ausreden gelten und nimmt jeden in die Pflicht, der ihm auch nur den kleinen Finger reicht.
Der heute 76-jährige aus Töpen organisiert seit 1984, da war er noch 1. Bürgermeister des Städtchens Wallenfels, humanitäre Hilfeleistungen. Was sich daraus in den vielen Jahren entwickelt hat, könnte man als eine Art Hilfs-Lawine bezeichnen, die bis heute nicht stillsteht. Denn der Rentner ist quasi permanent dabei, bei einem seiner vielen Unterstützer Ware und unterschiedlichste Hilfsmittel zu sammeln und diese dann an den Ort in Kroatien zu bringen, wo sie benötigt werden.
„Wenn ich ein Projekt erledige, bringe ich oft zwei neue wieder mit“, sagt er. Seine Frau Marion verdreht lachend die Augen, denn sie kennt ihren Mann. Und – sie ist gerne mit von der Partie. „Ohne sie wäre das alles gar nicht möglich. Man muss am gleichen Strang ziehen“, sagt er. Seine ersten Hilfen gingen in Richtung Rumänien, nach Polen, in den Kosovo und in die Ukraine.
Ein guter kroatischer Freund, der inzwischen verstorben ist, brachte ihn darauf, seine Maßnahmen in dessen Heimat, das frühere Jugoslawien, in der Gegend von Zadar, zu konzentrieren. Nürnberger ließ sich darauf ein, bereiste mit seiner Frau und dem Freund das heutige Kroatien und stellt fest, dass er dort mit seiner Hilfe genau richtig sei. Die Fahrten ins Umland der Stadt an der kroatischen Küste zu organisieren und kzu oordinieren war und ist bis heute nicht immer einfach. Korrupte Grenzsoldaten, Bürokratie… – alle Hürden räumte Nürnberger so gut es ging aus dem Weg. Der Aufwand dazu stand oft in keinem Verhältnis.
Inzwischen hat der gebürtige Hofer aus dem „Vertl“ aber einen festen Ablauf und ein gigantisches Netzwerk von Mittelsmännern, auf das er zurückgreifen kann. Selbst hochdotierte offizielle Kontakte, wie die deutsche Botschaft in Zagreb, stehen helfend zur Seite. Viele Einrichtungen, unter anderem Alten- und Pflegeheime, Krankenhäuser,
Kindergärten, Behindertenwerkstätten, Schulen und eine Drogenentzugsanstalt, aber auch Privatpersonen lassen Manfred Nürnberger ihre Anfragen nach Hilfsmitteln oder -gütern zukommen.
Auf der anderen Seite werden ihm in Deutschland oft von Firmen aus der Umgebung überzählige Lebensmittelchargen für seine kroatischen „Schützlinge“, auf die er sich inzwischen konzentriert, zur Verfügung gestellt. Diese trägt er zusammen, indem er, auf eigene Kosten und teilweise auch von weither, Ware abholt. Diese Hilfsgüter lagert er ein, bis sein nächster Transport steht, und überbringt sie dann den Bedürftigen. Zu seinem Netzwerk gehören beispielsweise die Bundeswehr oder das Sana Klinikum, die ihm ausrangierte Betten und weiteres Equipment zur Abholung anbieten.
Was steht derzeit an? Ein Transport, der eigentlich vor Weihnachten 2020 nach Kroatien gehen sollte, wurde leider durch Corona ausgebremst und hängt immer noch fest. Glücklicherweise konnte Nürnberger Ende letzten Jahres kurzfristig einen LKW mit 250 Kartons Steppdecken und weiteren, dringend benötigten Dingen, ins Gebiet um Sisak, wo am 29. Dezember ein Erdbeben viele Gebäude zerstörte, schicken. Eine weitere Lieferung ging Anfang 2021 auf die Insel Ugljan. Hier wurden rund 20 ausrangierte Betten und Nachtschränke, weiteres Gesundheits-Equipment aus einem Bundeswehr-Sanitätslager sowie Möbel für drei Familien angeliefert.
Gerade in Vorbereitung ist für die nächste Zeit eine weitere, große Lieferung mit Möbeln, welche ein Möbelhaus aus Hof/Plauen spendete und bis zur Abfahrt auch einlagert. Die große Lieferung muss wohl auf zwei LKWs aufgeteilt werden. In Sisak sind die Häuser inzwischen teilweise wieder bewohnbar, so kommt die Möbellieferung gerade recht, um den Verlust, den manche Menschen durch das Beben ertragen mussten, zumindest etwas zu mildern.
Wie läuft so eine Lieferung logistisch ab? „Wenn ich die Ware für eine Lieferung zusammen habe, weiß ich bereits, wer diese in Kroatien benötigt. Wenn es dann möglich ist, zu laden, rufe ich in einer der Speditionen an, die mit mir zusammenarbeiten. Dort prüft man, ob demnächst ein Lastwagen aus dem angestrebten Gebiet in unsere Richtung fährt und organisiert dann eine „Leerfahrt“ retour. Diese Fahrt ist natürlich keine echte Leerfahrt, sondern rollt mit meinen Hilfsgütern vollgeladen wieder zurück“, erklärt der Mann, bei dem die Fäden zusammenlaufen und der auch in seinem Heimatort Töpen eine willige Helferschar im Rücken hat. Die Kosten für die „Rückfahrt“ des LKW trägt immer der Begünstigte in Kroatien.
In seinem Büro im Töpen reihen sich Ordner an Ordner und unzählige Belobigungen, auf die das Paar ziemlich stolz ist. Die Republik Kroatien verlieh den Beiden sogar das Verdienstkreuz Kroatiens. Eine Wand ist zum Großteil mit den gerahmten Auszeichnungen geschmückt.
Natürlich hat der Träger des Bundesverdienstkreuzes durch seine vielen Hilfsdienste auch Freundschaften geknüpft.
Oft war er selbst dabei, wenn der Hilfstransport auf den Hof einer Einrichtung rollte, und konnte direkt in die strahlenden Gesichter der Empfänger blicken. An vielen Tischen dankbarer Einheimischer waren er und seine Frau Marion, mit der er inzwischen 30 Jahre verheiratet ist, zu Gast. Dadurch konnten die Beiden die Gastfreundschaft und offene Mentalität der Südländer genießen.
Seit langer Zeit ist Nürnberger im Zadarer Umland als Organisator von Hilfstransporten fast schon bekannt, wie der sprichwörtliche „bunte Hund“. Und logischerweise werden immer wieder neue Anfragen und Anliegen an ihn herangetragen. Etwas wird immer gebraucht.
Eines der Herzensprojekte der Beiden ist die Entzugsanstalt für Drogensüchtige „Beten und Arbeiten“ bei Biograd. Dieser inzwischen völlig autarken Einrichtung hat der Töpener schon oft Hilfestellung geleistet. Beispielsweise organisierte er dort, mit Unterstützung einiger Hofer Firmen, eine Tiefenbohrung, da die Einrichtung durch das Abzweigen der Wasserkontingente an touristische Anlagen, immer wieder unter Wassernot litt. Ein Kälteaggregat für die Kühlung der verderblichen Ernte beschaffte Nürnberger ebenfalls mithilfe einer Firma aus Hof. „Wir lassen die Kontakte nicht einschlafen, sondern pflegen sie. Wenn wir dort ankommen, fühlt es sich an, als wären wir alle eine Familie.“, versichert der umtriebige Macher, dessen Sache Stillstand und Ruhe nicht sind.
Und dies wird sich wohl auch so schnell nicht ändern. Denn Nürnberger, der jedes Jahr zu den Filmtagen sechs Tage lang die „Brotwärscht“ in der Altstadt brät und auch hier stets Kontakte knüpft, ist voller neuer Ideen. „Das war schon immer so und wird wohl auch so bleiben“, lacht er. Heike Richter