Die Hofer Wärschtlamänner feiern heuer 150. Jubiläum: Seit dem Jahr 1871 sind sie in Hof unterwegs und verkaufen ihre Wienerla, Knacker oder Bauern. Viel hat sich in den 150 Jahren geändert, aber das Erscheinungsbild der Wärschtlamänner mit ihrem typischen Messingkessel und dem großen Korb für die Brötchen ist immer gleich geblieben. Aus Anlass des Jubiläums stellen wir die derzeit in Hof aktiven Wärschtlamänner in einer Serie vor. Weiter geht es mit Detlef Büttner.
Bäckereien haben für Detlef Büttner (58) eine besondere Bedeutung. Denn nach seinem Abschluss an der Münsterschule hat der gebürtige Hofer eine Ausbildung bei der Bäckerei Heinritz in Schwarzenbach an der Saale absolviert. Und die Hofer Bäckerei Reinel in der Oberkotzauer Straße, die schon von Anfang an seine Stammbäckerei als Wärschtlamo ist, öffnete für Detlef Büttner in Zeiten von Corona neue Türen und Wege.
Nach der Ausbildung in der Bäckerei Heinritz war Detlef Büttner über ein Jahr bei der Bundeswehr Bayreuth stationiert. Danach war er knapp 20 Jahre in der Textilindustrie tätig. Dann aber kam der Niedergang der Branche. Und bei den Massenentlassungen überall in der Region sei schließlich auch er selbst mit dabei gewesen. Er erinnert sich, dass zu diesem Zeitpunkt seine jetzt 19-jährige Tochter Tina drei Jahre alt gewesen und sein Sohn Ingo gerade eingeschult worden sei.
Während dieser Phase sei er immer mal wieder mit dem Hofer Traditionsberuf des Wärschtlamos in Berührung gekommen, und zwar durch einen Freund, den damaligen Wärschtlamo Uwe Hertrich. „Ich besuchte ihn ab und zu in der Stadt und, wir unterhielten uns“, erinnert er sich. Die Idee, es selbst mal zu versuchen, sei mehr und mehr gereift. Also ging er aufs Gewerbeamt – und erfuhr erst mal Ernüchterung. „Damals im Mai 2005 gab es so viele Wärschtlamänner in Hof, dass man auf dem Amt Zweifel anmeldete, ob es bei mir gut gehen würde.“
Aber er sei entschlossen gewesen, für seine Familie und sich selbst das Beste zu geben. An seinen ersten Tag im neuen Beruf erinnert sich Detlef Büttner noch genau: „Ich hatte Angst, dass die Wärschtla entweder zu kalt sind oder so heiß, dass sie platzen. Deshalb verwendete ich anfangs ein Thermometer.“ Sein Wärtschtlamo-Freund Uwe Hertrich habe ihm außerdem gute Tipps gegeben. Und so lief es an seinem damaligen Standort in der Ludwigstraße gut an. Vor dem Vedes-Spielzeugladen hätten vor allem junge Familien zu seinen Kunden gezählt. „Ich bot kleine Kinder-Wienerla an, die dann aber auch von den Erwachsenen gekauft wurden“, erzählt er schmunzelnd.
Das Ende des Spielzeugladens brachte dann erstmals Probleme, aber auch neue Zukunftsperspektiven im neuen Job. Detlef Büttner erinnert sich: „Ich kannte den Hausmeister vom C&A in der Lorenzstraße, und der bot mir an, es dort mal zu versuchen.“ Der Versuch klappte, und seitdem hatte Detlef Büttner einen festen Standplatz, zuletzt vor dem Woolworth. So lange der Zentralkauf noch geöffnet war, sei es besonders gut gelaufen, und auch danach hatte er immerhin noch ein gutes Auskommen.
Darauf folgten aber die Corona-Beschränkungen. Wegen der zahlreichen Geschäftsschließungen im ersten Lockdown habe er einen neuen Standplatz gesucht und dann vor seiner Stammbäckerei Reinel in Moschendorf gefunden. Hier stehen die Kunden auch schon mal Schlange, und es geht so nett und gemütlich zu, dass Detlef Büttner sich bestens eingelebt hat. „Meine früheren Kunden aus der Lorenzstraße kommen sogar hierher gefahren, um mich zu besuchen“, freut er sich. Es sei zwar in Moschendorf ganz anders als in der Innenstadt, fast fühle es sich an wie eine andere Stadt, aber ein Vorteil sei besonders erfreulich: „Die Kunden können mit dem Auto kommen und direkt hier parken“, erzählt Detlef Büttner.
Besonders dankbar ist er, dass er im Lockdown – im Gegensatz zu vielen anderen Selbstständigen – überhaupt arbeiten darf. Seine Entscheidung, als Wärschtlamo tätig zu sein, hat Detlef Büttner nie bereut. Besonders schöne Momente habe er bei Events, zu denen man ihn buchen kann, aber auch von seinem Alltag in der Stadt bekomme er nie genug. „Ich bin einfach gern draußen und mein eigener Chef“, hat er festgestellt. Außerdem genießt er den Kontakt zu seinen Kunden und lernt gern neue Leute kennen. Dass ihm die Kunden nicht ausgehen, dafür sorgt der Generationenwechsel, was Detlef Büttner beruhigt in die Zukunft blicken lässt: „Es ist einfach schön, wenn Eltern das erste Mal mit ihren Kindern vorbeischauen – und es den Kleinen so gut schmeckt, dass sie danach immer wieder kommen.“ Manfred Köhler