Die Hofer Wärschtlamänner feiern heuer 150. Jubiläum: Seit dem Jahr 1871 sind sie in Hof unterwegs und verkaufen ihre Wienerla, Knacker oder Bauern. Viel hat sich in den 150 Jahren geändert, aber das Erscheinungsbild der Wärschtlamänner mit ihrem typischen Messingkessel und dem großen Korb für die Brötchen ist immer gleich geblieben. Aus Anlass des Jubiläums stellen wir alle sechs derzeit in Hof aktiven Wärschtlamänner in einer Serie vor. Weiter geht es mit Michael Kuchenreuther, genannt Cooky.
Und der feiert heuer mit seinem Berufsstand zusammen ein eigenes Jubiläum, das sich sehen lassen kann: Seit genau 40 Jahren ist Cooky als Wärschtlamo in Hof tätig – also über ein Viertel der Zeit, die es die Wärschlamänner überhaupt gibt, hat er aktiv mitgemacht. Wie es dazu kam? „Das war ein Sprung ins kalte Wasser“, erinnert sich Michael Kuchenreuther.
Geboren wurde er am 15. Januar 1958 in Hof. Nach der Realschule absolvierte er eine Lehre als Elektriker, leistete seinen Wehrdienst ab und machte beim Bund auch gleich den Lkw-Führerschein. Ein Jahr lang arbeitete er als Lastwagenfahrer, danach zwei Jahre bei einer Versicherung; und dann passierte es: „Eines Abends im Galeriehaus kamen wir nach dem ungefähr 75. Seidla auf das Thema Wärschtlamänner“, erzählt er augenzwinkernd. Damals sei der Berufsstand am Aussterben gewesen, nur noch drei Wärschtlamänner habe es in Hof gegeben. Irgendwann habe die Kneipenrunde angefangen, ihn zu provozieren: „Mach doch du Wärschtlamo, aber du traust dich ja nicht …“ Da habe er sich gedacht: „Euch zeig ich’s!“
Mehr aus Jux habe er sich gleich am nächsten Tag einen Original-Kessel geborgt und angefangen, in Hof Wärschtla zu verkaufen. Damals habe man die Genehmigung dafür auch noch rückwirkend bekommen, sprich: „Man konnte es erst mal ausprobieren.“ Schon in den ersten paar Tagen habe er gut verdient, aber ausschlaggebend sei dann ein Besuch des damaligen Oberbürgermeisters Dr. Hans Heun an seinem Standplatz gewesen. Der habe gleich die Presse mitgebracht, dazu ein Geschenk – und ihm dazu gratuliert, dass er die große Hofer Tradition fortsetzen wolle.
Inzwischen gehört Michael Kuchenreuther längst zu den Wärschtlamo-Legenden. Eine lebenslange Freundschaft verbindet ihn mit Eddie Rauh, einem weiteren Urgestein seines Berufsstandes. Der besucht ihn auch schon mal an seinem jeweiligen Standort, kauft ihm ein paar Bauern ab, und die beiden fachsimpeln über ihre Profession. Da geht es dann zum Beispiel um Leute, die über die Würstchen im Kessel lästern, obwohl sie als Vegetarier überhaupt keine Ahnung haben, wie die überhaupt schmecken. Rasch ist man sich einig: „Wer noch nie Hofer Wärscht versucht hat, ist ein armer Tropf.“
Dass nicht nur Hofer die Chance haben, sich aus dem Wärschtlakessel bedienen zu lassen, dafür hat Michael Kuchenreuther in seinem Leben reichlich gesorgt. Europaweite Messen waren immer ein starkes Standbein für ihn. Für seine Messeauftritte wurde er von Firmen gebucht, die ihn mit einer Tagesgage bezahlten und dann an ihrem Stand als Attraktion seine Wärscht anbieten ließen.
Die Corona-Beschränkungen haben Cookie nicht nur dieses Betätigungsfeld genommen, der Lockdown hat ihn auch von seinem Stammplatz in der Altstadt vertrieben. Unterkriegen ließ er sich davon nicht. Er ging kurzerhand ins „Homeoffice“ vor seiner Garage in der Yorckstraße, wo ihn erstaunlich viel Laufkundschaft erwartete. Die Krise erwies sich für Michael Kuchenreuther bisher zum Teil sogar als Chance. Denn auf einmal kamen viele jüngere Menschen zu ihm, also potenzielle neue Stammkundschaft. Er erklärt sich das so: „Wenn die Wirtshäuser zu sind, ändert sich das Verhalten der Menschen.“
Zudem seien Hofer Wärscht ein äußerst nachhaltiges Produkt ohne Plastikmüll und weltweit eine der günstigsten Delikatessen. Auch ein Slogan aus der Kunst treffe auf die Wienerla und Bauern zu: „Weniger ist mehr.“ Denn die Hofer Wärscht seien eine handliche Brotzeit, die gut schmecke und dabei satt mache. Weil ihm das Produkt, das er anbietet, selbst so viel bedeutet, hat Michael Kuchenreuther auch weiterhin Spaß an seinem Job. Hinzu kommt, dass er nie aufgeben würde. Sein Lebensmotto lautet: „Das Geschäft springt immer irgendwann wieder an. Durchhalten ist das Allerwichtigste.“ Manfred Köhler