Die Hofer Wärschtlamänner feiern heuer 150. Jubiläum: Seit dem Jahr 1871 sind sie in Hof unterwegs und verkaufen ihre Wienerla, Knacker oder Bauern. Viel hat sich in den 150 Jahren geändert, aber das Erscheinungsbild der Wärschtlamänner mit ihrem typischen Messingkessel und dem großen Korb für die Brötchen ist immer gleich geblieben. Aus Anlass des Jubiläums stellen wir die derzeit in Hof aktiven Wärschtlamänner in einer Serie vor. Weiter geht es mit Andy Rochon.
Mitten in der Hofer Altstadt, genau gegenüber vom Juwelier Hohenberger, liegt der traditionelle Standplatz von Andy Rochon. In den vielen Jahren, die er als Hofer Wärschtlamo hier zu finden ist, haben ihn weder der Baustellenlärm des Kaufhof-Umbaus noch die Corona-Beschränkungen vertreiben können.
Dabei sei die Tätigkeit als Wärschtlamo anfangs lediglich als Zwischenstation gedacht gewesen, erzählt Andy Rochon. Der gebürtige Hofer hatte nach der Realschule zunächst eine andere Richtung eingeschlagen, nämlich eine Lehre als Einzelhandelskaufmann im Bereich Sport. Nach seiner Bundeswehrzeit als Panzergrenadier in Weiden arbeitete er in Ravensburg als Abteilungsleiter Textil im Bereich „young fashion“. Es folgten berufliche Stationen in Landau und Pirmasens, und zwar als Assistent der Geschäftsleitung und Einkaufsleiter. Später war er in Hof als freier Handelsvertreter für die neuen Bundesländern tätig.
Geplant wäre dann der Einstieg in das elterliche Modegeschäft gewesen. „Aber wie sich zeigte, wäre das zum damaligen Zeitpunkt zu früh gekommen“, erinnert sich Andy Rochon. Da er in Hof bleiben und weiterhin selbstständig tätig sein wollte, habe er, mehr aus Zufall, als Wärschtlamo angefangen. An seinen ersten Tag, den 15. März 1998, kann er sich noch ganz genau erinnern: „Ich war vollkommen unerfahren und heizte den Kessel derartig ein, dass er sich deformierte.“ Die Wärschtla im Kessel seien durch die Hitze geplatzt und nicht mehr zu erkennen gewesen. Als Lehre aus diesem Vorfall habe er noch in der Nacht des selben Tages daheim auf dem Balkon mit dem Kessel so lange geübt, bis er den Dreh rausgehabt habe.
Seinen ersten Standort suchte sich Andy Rochon in der Marienstraße. Nur einmal habe er seitdem gewechselt, und zwar zu seinem heutigen Platz in der Altstadt. „Anfangs begleitete mich dort noch ständig die Stimme des künstlichen Papageis im benachbarten Zeitungsladen“, erzählt Andy Rochon. An die Sprüche dieses Papageis kann sich sicher so mancher Hofer noch erinnern, unter anderem tönte er: „Ara hat dich lieb, willst du ein Geschenk?“
Wenn Andy Rochon an die zurückliegenden 23 Jahre denkt, fallen ihm vor allem die vielen zwischenmenschlichen Kontakte ein – zum Beispiel auch mit prominenten Politikern und Schauspielern während der Hofer Filmtage. Angenehme Begegnungen habe er abgesehen davon auch an jedem einzelnen Tag mit seinen Kunden, und das mache ihn glücklich. Vom ersten Moment an habe er die Vorzüge seiner Arbeit als Wärschtlamo geschätzt: „Ich bin an der frischen Luft, kann mir die Zeit frei einteilen, und der Kontakt mit den Leuten hat mir immer Spaß gemacht.“ Auch deshalb seien aus dem anfänglich nur als vorübergehend geplanten Job schließlich 23 Jahre geworden. „Und wenn Gott will, werde ich diese Tätigkeit bis zu meiner Einsargung ausüben“, verspricht Andy Rochon augenzwinkernd.
Dass bis dahin noch viele schöne Jahre vor ihm liegen, dessen ist er sich gewiss. Auch Corona kann ihm da die Zuversicht nicht nehmen: „Mit Optimismus werden wir das überstehen“, versichert er. Dem Hofer Einzelhandel wünscht er eine rasche Erholung. Und bei den Kunden bedankt er sich auch stellvertretend für seine Kollegen: „Es ist toll, dass die Hofer uns Wärschtlamännern auch in dieser außergewöhnlichen Zeit treu sind. Bleibt gesund und haltet auch weiter zusammen, dann können wir in eine gute Zukunft blicken.“ Manfred Köhler