Drei Buchstaben hat der Name seiner Geburtsstadt, drei Buchstaben der Name der Stadt, in der er 58 seiner insgesamt 86 Lebensjahre verbracht hat. Der Maler, Zeichner und Radierer Johann Christian Reinhart, am 24. Januar 1761 am Maxplatz in Hof geboren, fand seinen Schicksalsort in Rom, wo er am 9. Juni 1847 starb. Im nach ihm benannten Reinhart-Cabinett in Hof am Unteren Tor findet sich ein Querschnitt seines künstlerischen Schaffens, liebevoll betreut vom Verein KulturKreis Hof.
Dorit Pohl gehört dem KulturKreis Hof an, ebenso wie ihr Mann Stefan, der 1. Vorsitzender ist. Sie ist gebürtige Hoferin. Lange Jahre war sie weg, unter anderem als Museumsleiterin tätig, seit einigen Jahren ist sie gemeinsam mit ihrem Mann zurück. „Sie brauchen keine Sorge zu haben, dass Sie nur Informationen schreiben, die ohnehin schon jeder kennt“, beruhigt mich Dorit Pohl. Erstaunlicherweise sei Johann Christian Reinhart nicht sehr präsent in der öffentlichen Wahrnehmung in Hof, obwohl „er der bedeutendste bildende Künstler ist, der in Hof zur Welt kam und das Genre der Landschaftsmalerei wie kaum ein zweiter geprägt hat“. „Und wenn man sieht“, fügt sie hinzu, „wie die Reinhartstraße aussieht, die nach ihm 1920 benannt wurde und die bis heute nicht asphaltiert ist“, dann sei das schon etwas verwunderlich.

Ein Denkmal ist ihm nicht gewidmet, aber an seinem Geburtshaus am heutigen Maxplatz 2 ist eine Gedenktafel angebracht, und in der Hermann-Müller-Anlage im Stadtpark Theresienstein steht sein Name zusammen mit anderen auf dem Kunstmaler-Gedenkstein. Sein Grabmal auf dem Cimitero acattolico in Rom, dem Friedhof der Nicht-Katholiken, trägt sein Porträt und die Inschrift: „I. CHRISTIAN REINHART KOENIGL. BAIERISCHER HOFMALER GEBOREN ZU HOF IN OBERFRANKEN DEN XXIV Ianuar MDCCXLI GESTORBEN IN ROM DEN IX IUNI MDCCCXLVII“.
Doch wie kann er königlich bayerischer Hofmaler gewesen sein, wenn er die meiste Zeit seines Lebens in Rom lebte? Dorit Pohl erklärt das so: „Zum Bayerischen Hofmaler machte ihn König Ludwig I. von Bayern im Jahr 1839. Doch er wurde schon 1825 sein Gönner, als er ihn mit 64 Jahren zum bayerischen Stipendiaten ernannte und ihm ein Jahresgehalt von 300 Gulden zusprach.“ Vorausgegangen war ein erfolgloses Gesuch von Reinhart an Ludwigs Amtsvorgänger Maximilian, ihn als ehemaligen Untertan doch „mit einer jährlichen Pension zu beglücken“, wie Reinhart es formulierte. Reinhart malt, wenn auch wohl nur widerwillig, für Ludwig I. die heute in der Neuen Pinakothek in München ausgestellten „Vier Ansichten aus der Villa Malta in Rom“ in Tempera auf Leinwand. „Da er sich nicht gerne mit dieser Maltechnik auseinandersetzte, brauchte er für diese vier Bilder fast sieben Jahre“, sagt Dorit Pohl schmunzelnd.
Wenn man weiß, dass Reinhart den Gedanken der Aufklärung nahestand, selbst Mitglied der Freimaurer-Bewegung war, ihn seit 1785 eine bis zu dessen Tod lebenslange Freundschaft mit Friedrich Schiller verband, der „aller Kriecherei vor Fürstenthronen“, wie es der Hofer Germanist und Autor Dieter Richter formuliert, eine Absage erteilte, und Reinhart Schillers freiheitlich politische Gesinnung teilte, überrascht es, dass er sich für die Obrigkeit verdingt. Auch zu Beginn seiner künstlerischen Laufbahn ist er von 1786-1789 Hofmaler bei Herzog Georg I. von Sachsen-Meiningen und nimmt für seine Übersiedlung nach Rom im Jahr 1789 auch ein Reise-Stipendium von 100 Dukaten und eine jährliche Pension von seinem alten Landesherrn Markgraf Alexander von Ansbach-Bayreuth an. „Reinhart galt zwar als geschäftstüchtig, war aber Gönnern und Unterstützern nicht abgeneigt“, erläutert Dorit Pohl.

Dass er sich überhaupt in Richtung Künstler bewegen konnte und nicht wie sein Vater Peter Johann Reinhart Theologe geworden ist, hat er seiner Mutter Magdalena zu verdanken. 1778 tritt der zeit seines Lebens überzeugte Protestant Reinhart zwar in Leipzig ein Theologiestudium an. Seine seit 1764 bereits verwitwete Mutter aber akzeptiert die tiefe Neigung ihres Sohnes hin zur Kunst und bittet 1779 den Leiter der Leipziger Kunstakademie, Adam Friedrich Oeser, um dessen Ausbildung. „Oeser tut das, gibt Reinhart Zeichenunterricht und gewährt ihm auch einen sogenannten Freitisch“, erzählt Pohl, „eine unentgeltliche Studentenverpflegung“. Bei Oeser lernt Reinhart die Ideen der klassischen Landschaftsauffassung kennen. „Reinhart hat bei Oeser zum Klassizismus gefunden“, sagt Pohl. In Dresden, wohin Reinhart 1783 geht, nimmt er Privatunterricht beim Landschaftsmaler Johann Christian Klengel und taucht in die Welt der Antike ein – ganz dem damaligen Zeitgeist entsprechend. Das Thema Landschaftsmalerei kristallisiert sich immer mehr als „sein“ künstlerisches Genre heraus. Sie steht in der Hierarchie der Gattungen nicht ganz oben. Aber das ist dem immer selbstbewussten Reinhart nicht wichtig.

Er perfektioniert die Motive der Ideallandschaft, in der zwar wirkliche Orte naturgetreu, detailreich und exakt gezeigt, diese aber immer ins Ideale überhöht werden. „Reinhart bezeichnete sich selbst gerne als ‚Landschafter‘, blieb diesem Thema sein ganzes Leben lang treu“, sagt Dorit Pohl. Seine Werkzeuge waren Kreide, Bleistift und Tusche. „Er hat im Wesentlichen Zeichnungen und Radierungen gemacht.“ Obwohl auch seine Aquarelle, wie das im Hofer Reinhart-Cabinett gezeigte 1787 nach einer Rheinreise entstandene Werk „Der Mäuseturm und die Ruine Ehrenfels“, oder die oben erwähnten in Tempera gemalten Ansichten der Villa Malta künstlerisch hochstehend sind. Und da Reinhart eben geschäftstüchtig war, fand er im Nürnberger Verleger Johann Friedrich Frauenholz einen Multiplikator seiner Radierungen, die dieser vervielfältigte und beispielsweise auf den seinerzeit aufkommenden Kunstmessen verkaufte. Doch nicht nur mit seinen Ideallandschaften schaffte Reinhart Meisterliches, sondern auch mit seinen Porträtskizzen von Händlern, Hirten oder Bettlern, seinen Tierdarstellungen und Karikaturen.
Dafür musste er von Rom aus nicht weit reisen und tat das wohl auch nicht gern. Seine Sehnsuchtsstadt Rom erreicht er 1789 und besucht auf dem Weg dorthin zum letzten Mal seine Heimatstadt Hof. Eine Reise nach Rom war für deutsche Künstler damals nichts Ungewöhnliches, ja sogar Pflicht. Reinhart aber blieb dort und avancierte zur zentralen Figur in der damaligen deutschen Künstlerkolonie Roms, den sogenannten Deutsch-Römern. Es zog ihn wohl dann nur noch in die nähere Umgebung. „Auf keinem von Reinharts Werken ist das Meer zu sehen“, erzählt Dorit Pohl. „Sein Ding waren der Wald und die Bäume.“ Als passionierter Jäger und sehr guter Reiter scheint das nachvollziehbar. Seine Porträtmotive findet er beispielsweise im Straßenbild, die Tiere für seine Studien in der Umgebung Roms.

Doch er blieb im Herzen immer ein Hofer und ein überzeugter Protestant. Seine italienische Frau Anna Caffò, eine Katholikin, heiratet er 1801, als es in Rom möglich ist, eine Zivilehe einzugehen. Zuvor hätte er zum katholischen Glauben übertreten müssen. „Das wäre für ihn niemals in Frage gekommen“, sagt Dorit Pohl. Aus der Ehe gehen drei Kinder hervor. Und als er mit 85 Jahren zum 300-jährigen Bestehens seines Hofer Gymnasiums, heute Jean-Paul-Gymnasium, eingeladen wird, „rührt ihn das sehr“, so Pohl. Die Reise tritt er aus Altersgründen aber nicht an. Sein letztes Ölgemälde „Die Erfindung des korinthischen Kapitells“ signiert er – übersetzt – mit „Reinhart aus Hof hat es in Rom gemacht, im 85. Lebensjahr“. Nach einem erfüllten und auch in vollen Zügen genossenen Lebens stirbt er am 9. Juni 1847 in Rom. Sabine Schaller-John
Insgesamt 210 Werke von Johann Christian Reinhart sind Teil der Kunstsammlung Hof. Auszüge daraus werden in Wechselausstellungen im Reinhart-Cabinett gezeigt. Dieses wurde 2008 in der ehemaligen Hausmeisterwohnung im historischen Hospitalgebäude eröffnet, nach einem Beschluss des Hofer Stadtrats und mit Unterstützung der Hospitalstiftung.
Reinhart-Cabinett, Unteres Tor 7, 95028 Hof, Kontakt über KulturKreis Hof e.V., Tel.: 09281 – 140 27 11; info@kulturkreis-hof.de