„Wir erleben gerade eine spannende Zeit, der man mit einem gewissen Mut begegnen sollte, und in der man es nicht an Solidarität mangeln lassen sollte“, sagt Dominique Bals. Beides beweist Bals, der als Schauspieler des Hofer Theaters Kulturfreunden wohlbekannt ist, nicht erst seit der Corona-Krise mit seinem ehrenamtlichen Engagement. Er sei mehr fürs Tun als fürs Reden, sagt er. Und tut so einiges, um zu helfen, wo gerade Not am Mann ist.
In den vergangenen Wochen hat Dominique Bals die Zwangspause im Theaterbetrieb dazu genutzt, in einem Altenheim zu helfen. Da er während seines Zivildienstes eine Pflegehelferausbildung gemacht, ehrenamtlich in der Entwicklungshilfe gearbeitet und sich die Zeit auf der Schauspielschule mit Dienst im Krankenhaus finanziert hat, registrierte er sich auf einem Portal des Landkreises, als dringend Helfer mit Erfahrung in der Pflege gesucht wurden – und kam prompt zum Einsatz.
Er finde es „sehr irritierend“, dass viele Menschen große Angst vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus haben, es gleichzeitig aber als selbstverständlich betrachten, dass Angestellte im Verkauf oder in Pflegeeinrichtungen zuverlässig ihren Dienst tun und die Bevölkerung versorgen. Für ihn sei klar: „Wo ich einen Beitrag leisten kann, tue ich das.“ Der Schauspieler hat sich nach eigener Einschätzung tapfer geschlagen. Zwar ist es 25 Jahre her, dass er zuletzt in der Pflege seinen Dienst tat, doch die Arbeit liegt ihm. Daran hat die Corona-Krise nichts geändert, auch wenn die Situation durchaus herausfordernd war: „Schlagartig war ein Großteil des Personals weg – und die, die noch da waren, arbeiteten bis zum Umfallen.“ Zeit zum Nachdenken blieb da kaum.
Außerdem ist der Schauspieler seit 1989 in der Aidshilfe aktiv und dadurch im Umgang mit ansteckenden Krankheiten routiniert. „Das Thema AIDS war damals auch noch sehr angstbelastet – aber ich fühlte mich nie einem Risiko ausgesetzt.“ Während seines Zivildienstes im Krankenhaus im Jahr 1989 berührte Bals das Schicksal rumänischer Heimkinder, die sich wegen schlechter hygienischer Zustände mit HIV infiziert hatten. Er arbeitete ehrenamtlich in verschiedenen AIDS-Waisenhäusern, unter anderem auch in Sri Lanka, und ist seit dieser Zeit in der Aidshilfe aktiv.
Aktuell hat er seinen Einsatz vor allem auf den organisatorischen Bereich verlegt, weil sich das mit festen Engagements an Theaterhäusern besser vereinbaren lässt. Für die International AIDS Society (IAS) mit Sitz in Genf betreut der Hofer Schauspieler die freiwilligen Mitarbeiter der weltweiten AIDS-Konferenzen, bei denen Interessengruppen, Wissenschaftler und Forscher zusammenkommen. „Dieses Jahr wären wir in San Francisco gewesen“, erzählt Dominique Bals, der zum Teil auch in die Themenauswahl der weltweiten Kongresse involviert ist.

Sein ehrenamtlicher Einsatz ist für ihn eine Selbstverständlichkeit: „Ich habe mich immer als privilegiert empfunden.“ In Deutschland zu leben; in einem Elternhaus aufzuwachsen, in dem er Unterstützung für seinen Lebensweg erfuhr; als Künstler arbeiten zu können in einem Land, dessen System Kunst auf weltweit einzigartige Weise unterstützt – all das macht den passionierten Schauspieler dankbar. „Und gleichzeitig ist so vieles auf der Welt nicht in Ordnung.“
Da gelte es einfach zu sehen, wo Hilfe gebraucht werde, und dann tatkräftig anzupacken – ob es nun die weltweite Aidshilfe ist oder der Deutschunterricht für Flüchtlinge in der Stadt Hof, an der Dominique Bals einzig die Tatsache stört, dass sie weit weg von seiner Familie liegt.
Dafür könne er hier mit netten Kollegen an einem tollen Theater arbeiten, genieße kurze Wege und ein „unglaubliches Angebot“ gemessen an der Größe der Stadt. Als Mensch, der die Natur liebt, fühle sich Bals in Hof genau am richtigen Platz. Auch die tendenziell zurückhaltende Mentalität der Franken, die manchem Zugereisten zu schaffen macht, kommt dem gebürtigen Duisburger entgegen: „Ich finde es sehr angenehm, dass die Dinge hier wachsen dürfen.“ Im Laufe der fünf Jahre, die er nun in Hof arbeitet, merke er zunehmend, dass die Menschen ihn wahrnehmen und seine Arbeit schätzen. „Ich mag die Leute, die ich hier kennengelernt habe, sehr gerne.“
Den Theaterbetrieb vermisst der Schauspieler mittlerweile sehr. Mitten auf der Zielgeraden – zwei Wochen vor der geplanten Premiere – wurde er aus den Proben für das israelisch-palästinensische Stück „Vergewaltigung“ herausgerissen. Wird man das Stück wieder aufnehmen? Wenn ja, muss man vermutlich umbesetzen; ein Großteil aller Arbeit war umsonst. Ähnliche Unsicherheiten gibt es auch in Bezug auf andere Stücke. Das sei enttäuschend: „Ich mache einen Beruf, in den all mein Herzblut reinfließt.“
Dominique Bals hofft, dass das Theater als „kulturelles Gemeinschaftserlebnis“ bald zur derzeit viel beschworenen „neuen Normalität“ findet. Wenn entsprechende Konzepte existieren, die Proben endlich wieder beginnen, und der Theaterbetrieb wieder anläuft, dann bleibe immer noch die Frage, ob die Besucher wieder kommen. Auch hier ist eine Portion Mut gefragt … Sandra Langer