Ein sehr seltenes Jubiläum haben die ProHof-Mitglieder Christl und Helmut Starosta gefeiert: Das Ehepaar ist seit 65 Jahren verheiratet und damit ein Eisernes Hochzeitspaar.
Bereits in Marienburg in Westpreußen, wo die beiden ihre Kindheit verbrachten, wohnten sie im gleichen Haus. Christl Schmidt war noch ein kleines Mädchen, Helmut Starosta ein ganz junger Mann, als im Zweiten Weltkrieg die Front näher rückte. Christls Mutter vertraute Helmuts Mutter ihren Haustürschlüssel an und floh mit ihrer Familie nach Bayern. Unterschlupf fanden die Schmidts zunächst bei Verwandten in Altenstein in Unterfranken. Helmut Starostas Mutter verschlug es später durch Krieg und Vertreibung nach Nittenau in der Oberpfalz. Der junge Soldat selbst kämpfte in den letzten Kriegstagen in Berlin, wurde verwundet und verließ schließlich die zerstörte Stadt.
Heute würde man sich wundern, wie derart verstreute Familien sich in solchen Zeiten wiederfinden konnten. Aber Helmut Starosta erinnert sich: „Es war gar nicht so schwer, in Verbindung zu bleiben. Die Post funktionierte noch zum Großteil.“ Und so wusste er, wo seine Mutter nun lebte, und machte sich mit Granatsplittern in der Schulter und einem Kniedurchschuss zu Fuß auf den Weg von Berlin nach Nittenau. Das Wiedersehen kurz nach Kriegsende ist ihm bis heute unvergesslich.
Zusammen mit der Mutter zog Helmut später nach Regensburg, die Schmidts ließen sich in Amberg nieder. Trotz der relativen Nähe kam es zunächst zu keiner Begegnung. Der anvertraute Haustürschlüssel hatte zwar für anhaltenden Briefkontakt gesorgt, spielte nun aber keine Rolle mehr: Der Eiserne Vorhang war niedergegangen, die westpreußische Heimat verloren.
Erst 1954 beschloss die Familie Schmidt, doch einmal die Starostas in Regensburg zu besuchen. Helmut arbeitete damals bei Coca Cola und zerbrach ausgerechnet an diesem Tag zwei volle Flaschen. Dass Scherben manchmal wirklich Glück bringen, dachte er sich, als er dann nach einem Jahrzehnt das einstige Nachbarskind Christl wiedersah: „Sie war eine junge Dame geworden. Wir waren uns sofort sympathisch.“
Aus Sympathie wurde Liebe, und die erforderte zunächst mal sportliche Ausdauer: Mit dem Fahrrad musste Helmut anfangs die rund 70 Kilometer von Regensburg nach Amberg zurücklegen, um seine Braut zu besuchen, erst später kaufte er sich ein Moped. Ostern 1955 wurde Hochzeit gefeiert, im selben Jahr zog das junge Paar nach Hof. „Man musste damals dorthin gehen, wo Arbeit war“, erzählt Helmut Starosta. Arbeit war in Hof, der junge Westpreuße und Neubayer machte nach Coca Cola unter anderem bei den Firmen Kaffee Hag und schließlich Jägermeister Karriere. Zwei Töchter wurden geboren, Jutta und Elke.
Während Helmut Starosta sich sein ganzes Leben lang sehr stark als Sportler engagierte, fand das Ehepaar in der Landsmannschaft der Ost- und Westpreußen einen gemeinsamen Interessenschwerpunkt. Bleibende Verdienste erwarben sie sich durch tätige Mitwirkung beim Aufbau der Abteilung für Flucht und Vertreibung im Museum Bayerisches Vogtland Hof. Auch im musischen Bereich waren die beiden viel zusammen unterwegs. Theater- und Konzertbesuche machten ihnen immer große Freude. Und an den Pro-Hof-Veranstaltungen nahmen sie ebenfalls gerne teil.
Heute leben die Starostas eher zurückgezogen in ihrem Haus in der Nähe des Bismarckturms. Auch wenn Helmut gesundheitlich eingeschränkt ist, arbeitet er noch in seinem Garten, während Christl ihren eigenen vielfältigen Interessen nachgeht. So interessiert sie sich für Politik, liest viel, auch am Tablet-Computer, und reist gerne, wobei die für heuer geplante Kreuzfahrt wegen Corona entfallen musste.
Wer so lange glücklich verheiratet ist wie die Starostas, muss einiges richtig gemacht haben. Kann man von ihnen also etwas für das eigene Leben lernen? „Wir haben Wert darauf gelegt, respektvoll und tolerant miteinander umzugehen“, erzählen sie. Außerdem habe man immer gemeinsame Ziele verfolgt. Die wichtigste Grundlage ihres jahrzehntelangen Miteinanders aber sei die Liebe. Manfred Köhler