Wer in Hof den Eingang zu einer zauberhaften Fantasiewelt sucht, muss nicht wie Harry Potter Gleis neundreiviertel finden: Es genügt, am Mittwochabend die Stufen am Q-Bogen direkt bei der Unterführung hinaufzusteigen. Wer dann die Tür zum Clubraum des Modell-Eisenbahn-Club Hofer Eisenbahnfreunde e. V. (MEC Hof) öffnet, steht mitten drin in der anderen Welt – einer Idylle im Miniaturformat auf 80 Quadratmetern.
Etwa zehn Herren mittleren Alters und ein zwölfjähriger Junge nehmen zunächst mal gar keine Notiz von eindringenden Besuchern, denn sie sind beschäftigt: Mit Staubwedel, Besen, Lötkolben und Staubsauger beugen sie sich über die riesige Modellbahn-Anlage oder verschwinden gar komplett unter der hölzernen Platte zwischen Kabeln und Gleisen.
„Jetzt, Mitte November, arbeiten wir ganz gezielt auf unsere Ausstellungen, die Hofer Modellbahn-Fahrtage hin: Am 12. und 19. Januar ist jeweils von 10 bis 17 Uhr der Clubraum geöffnet und alle Interessierten sind herzlich eingeladen, unsere Anlage anzuschauen“, erklärt Manfred Winkler, Pressewart des MEC Hof.
Zu bewundern gibt es einiges. Zwar handelt es sich bei der großen Anlage um eine Fantasie-Landschaft, doch finden sich zahlreiche Bauwerke und landschaftliche Besonderheiten aus Hof und Umgebung: Von der Unterkotzauer Eisenbahnbrücke mit ihren einzigartigen Spitzbögen über das ehemalige Backöfele am Schneeberg und die Labyrinth-Ruine am Theresienstein bis hin zum Stellwerk 8 (dem Clubheim des MEC Hof) und einem schieferdachgedeckten Frankenwalddorf sind zahlreiche Markenzeichen der Region vertreten – und sogar ein Miniatur-Wärschtlamo versteckt sich in der Nähe der winzig kleinen Filmtage-Steele. Nicht zuletzt ist ein Steinbruch aus der näheren Region nachgebildet.
Jeden Mittwochabend von 19.30 Uhr bis 22.30 Uhr werkeln etwa fünf bis zehn Modellbahnbegeisterte an der computergesteuerten Anlage, reinigen sie und setzen sie instand – und gestalten neue Landschaftsteile, bauen kleine Häuser oder denken sich lustige Szenen aus, die sie mit den nur millimetergroßen Figuren nachstellen und auf der riesigen Modellbau-Platte fixieren.
Einer von ihnen ist der zwölfjährige Jonas Sauerbrey, der im wirklichen Leben die Private Evangelische Schule in Naila besucht. Auf die Frage, wie er zum MEC Hof gekommen sei, sprudelt es aus ihm heraus: „Ich habe schon immer zuhause gern an meiner Eisenbahn gewerkelt, aber irgendwann wurde es langweilig, weil ich nichts Größeres mehr bauen konnte. Mein Vater hatte auch immer eine Modelleisenbahn, und er hat mir vorgeschlagen, mir die vom MEC Hof mal anzuschauen. Mir gefällt es sehr gut hier!“
Jonas begeistert es, die Miniatur-Züge fahren zu lassen und – gern mit bewegten Menschen oder Fahrzeugen – witzige Szenen nachzubauen, in denen sich Realität und Fantasie vermischen. An seinen ersten Abenden weihen ihn die älteren Club-Kollegen erst mal in die Kunst des Schienenputzens ein. „Die Schienen müssen immer sauber sein, denn durch sie fließt der Strom, und wenn Schmutz darauf ist, blockieren die Züge“, erklärt Manfred Winkler. „Daher bin ich wirklich froh, dass ich gleich gelernt habe, wie man die Schienen am Besten sauber hält, denn das war bei meiner Anlage zuhause oft ein Problem“, sagt Jonas.
„Natürlich darf Jonas nicht nur putzen, sondern wir lassen unseren Nachwuchs auch unter Federführung von Landschaftsbauer Karlheinz Schelenz Häuser und Gelände mit bauen, und sie dürfen die Technik und die Computersteuerung unter Anleitung von Kassenwart und Operator Florian Wolfrum ausprobieren – wir lernen die Kinder und Jugendlichen von der Pike auf an, ganz individuell“, berichtet der Pressewart. Leider ist Jonas aktuell der einzige Jugendliche im MEC Hof. Aber natürlich würde man sich über kreativen Nachwuchs sehr freuen. „In früheren Jahren haben wir auch immer ein Sommerferienprogramm in unserem Clubheim, dem Stellwerk 8, angeboten. Das würden wir selbstverständlich wiederbeleben, wenn einige Jugendliche Interesse hätten“, so Manfred Winkler.
Jedes Frühjahr startet seit 15 Jahren der beliebte Hochfranken-Express zu einer Tagesreise mit einem Ziel in der Republik oder in einem Nachbarland. Da ist das MEC-CateringTeam gefordert, für das leibliche Wohl der Reisenden zu sorgen. Überhaupt verlagert sich in den Sommermonaten das Clubgeschehen eher ins Clubheim Stellwerk 8 und nach draußen. „Wir haben auch zwei angrenzende Schrebergärten, die wir nicht nur nutzen, sondern auch pflegen und in denen jährlich zwei Sommerfeste stattfinden“, verrät Matthias Egelkraut, der erste Vorsitzende des MEC Hof. Sowohl Gartenpflege als auch Mithilfe bei den Sommerfesten sind seinen Worten nach auch immer sehr beliebt bei den jugendlichen Mitgliedern.
Wer die riesige Modellbahn-Anlage des MEC Hof erkunden möchte, hat dazu am 12. und 19. Januar jeweils von 10 bis 17 Uhr im Clubraum des MEC Hof am Q-Bogen Gelegenheit. Wer noch dazu Interesse an der Modell-Eisenbahn hat und selbst mitgestalten möchte, ist herzlich eingeladen, mittwochs ab 19.30 Uhr mal vorbeizuschauen. Der Jahresbeitrag für Kinder und Jugendliche beträgt 35 Euro/Jahr. Weitere Informationen unter www.mec-hof.de
Doch aktuell heißt es erst mal weiterhin putzen, kleben, löten und überprüfen, damit pünktlich zu den Hofer Modellbahn-Fahrtagen der Startpfiff ertönen kann und alle Züge ohne Pannen oder Verspätungen die idyllische Mittelgebirgslandschaft direkt an den echten Hofer Bahngleisen befahren können. Christine Wild