„Das Problem heißt: Antisemitismus“ Dieser Satz hat in den letzten Jahren leider wieder an trauriger Aktualität gewonnen – trotz der Gräuel der Vergangenheit, aus denen die Gesellschaft eigentlich gelernt haben sollte. Doch damit will man sich in Hof nicht einfach abfinden. Und so hat die die Hermann-und-Bertl-Müller-Stiftung Anfang des Jahres den Schülerwettbewerb „Das Problem heißt: Antisemitismus“ ausgelobt. Herausgekommen sind zehn Beiträge aus acht Hofer Schulen, die allesamt so herausragend sind, dass manche von ihnen sogar mehrfach preisgekrönt wurden (wir berichteten). In einer Mini-Serie soll das, was die einzelnen Schulen geleistet haben, genauer betrachtet werden.
Mit zwei packenden, absolut unter die Haut gehenden Hörspielen ist die Münster-Mittelschule angetreten – und bekam einen Sonderpreis der Jury für die höchste Beteiligung von Schülern und das Gesamtkonzept. Zusätzlich dazu räumte die Schule mit einem Themenabend Antisemitismus den Preis für den „Beitrag mit dem vielseitigsten Konzept von damals bis heute“ ein.
„Eigentlich haben wir sogar fünf Teile entwickelt!“, berichtet Religionspädagogin Claudia Wagner von der Münster-Mittelschule – mit berechtigtem Stolz. Das Kernstück bildet ein zweiteiliges Hörspiel von jeweils 20 Minuten Länge, das über die Homepage der Schule der Öffentlichkeit zur Verfügung steht. Darin befassen sich die Schülerinnen und Schüler mit der Entwicklung des Boykotts gegen Juden in der Zeit des Nationalsozialismus. Transportiert wird das Geschehen durch einen Nachrichtensprecher, einen Kommentator, der die Geschichte auf Hof herunterbricht, sowie Hitler-Anhängern. Als Grundlage der im Hörspiel geschilderten Geschehnisse dient die Geschichte der Familie Franken und deren drei Töchtern aus Hof.
In einem zweiten Block haben sich die Schüler mit Flucht zur NS-Zeit und heute beschäftigt. „Wohin sind die Juden damals geflüchtet? Woher kommen heute Geflüchtete nach Hof? Mit diesen Fragen haben wir uns auseinandergesetzt und eine Karte erstellt“, sagt Claudia Wagner. Außerdem wurde eine Ausstellung mit den Porträts von 24 Juden von früher und heute in Ton-Trennung gestaltet.
Vierter Bestandteil in der Beschäftigung mit der Thematik war eine Ausgrenzungs-Kommode: In jeder der Kommoden-Schubladen schlummert das Schicksal eines Ausgegrenzten von früher und heute. „Dabei haben wir auch recherchiert: Wie ergeht es den Juden heute?“, so die Religions-Pädagogin. Als letztes Mosaiksteinchen des Themen-Komplexes haben die Schüler ein Interview mit zwei geflüchteten Mitschülerinnen geführt, in dem es um Fragen ging wie: warum seid ihr hierher geflohen? Wie ist dein Land?
Alle fünf Teile wurden schließlich in einem großen Präsentationsabend der Öffentlichkeit vorgestellt – mit einem eindringlichen Schlussappell gegen Vergessen und Wiederholung, für ein besseres Miteinander. „Meinen vier Kollegen, die genau wie ich an den Projekten beteiligt waren, und mir war es wichtig, nicht dabei stehen zu bleiben, wie Juden früher ausgegrenzt wurden, sondern wir wollten einen Brückenschlag zu Ausgrenzung heute schaffen – denn die Gründe für Ausgrenzung sind immer noch dieselben!“, erklärt Claudia Wagner.
Resultierend aus der breit angelegten Wettbewerbsteilnahme wird es nun für jeden Jahrgang an der Münster-Mittelschule eine Veranstaltung zum Thema Ausgrenzung geben. Außerdem ist bereits eine „Wall of Respect“ in Form einer Graffiti-Wand an der Münster-Schule entstanden. Doch hat das Projekt auch nach außen über den Wettbewerb hinaus hohe Wellen geschlagen: Beim Tag der Demokratie waren die Münster-Schüler mit einer zwanzigminütigen Präsentation vertreten, durften ein Projekt beim Jahresabend „Demokratie leben“ präsentieren – und sie haben mit ihrem Hörspiel sogar den 1. Platz beim Fränkischen Hörspielpreis belegt. „Alle 72 beteiligten Schüler aus den Klassen sieben bis zehn waren und sind mit Feuereifer dabei, und es ist toll zu sehen, wie sie an ihrem Erfolg wachsen – immerhin konnten sie problemlos mithalten mit den Beiträgen der Realschule und der Gymnasien!“ resümiert Claudia Wagner. Christine Wild