Als Sonja Ranki 1994 mit ihrem Mann und ihren drei Kindern nach Hof kommt, ist sie bereits Mitglied bei der Deutsch-Finnischen Gesellschaft (DFG) und schließt sich auch bald dem Hofer Bezirksverein der DFG Bayern an. Kein Wunder: Immerhin ist sie zu diesem Zeitpunkt bereits seit vierzehn Jahren mit einem Finnen verheiratet. Was die DFG Hof macht, woher Sonja Rankis Liebe zu Finnland rührt und welche Eigenheiten eine deutsch-finnische Ehe mit sich bringt, verrät die 63-jährige, die nicht nur der DFG Hof seit 2011 vorsitzt, sondern seit Mai 2019 auch erste Vorsitzende der DFG Bayern ist, im Gespräch mit ProHof.
Bereits seit 1969, also genau seit 50 Jahren, besteht die Städtepartnerschaft zwischen Hof und der finnischen Stadt Joensuu. Nachdem es schnell einen regen Austausch zwischen den beiden Städten gab und in den ersten Jahren einmal sogar etwa 100 Hofer gemeinsam nach Joensuu gereist sind, wurde 1980 die Deutsch-Finnische Gesellschaft Hof gegründet. Seitdem kommen die Mitglieder jeden dritten Donnerstag im Monat um 19.30 Uhr zum „Finn-Treff“ zusammen. Seit einigen Jahren nun in der Kulturkantine im Theater Hof, um zu plaudern – gern natürlich über Finnland.
„Nach dem Sommer haben alle immer viel zu erzählen über ihre Reisen nach Finnland. Allgemein sind übrigens nicht nur Mitglieder willkommen, sondern alle Finnland-Interessierten“, betont Sonja Ranki. Meist wird an diesem Stammtisch einfach geplaudert, aber manchmal bereitet die Vorsitzende auch Themen vor, die man nicht unbedingt in einem Reiseführer oder einem Buch über Finnland findet: „Das können ganz praktische Themen sein. Einmal habe ich zum Beispiel den typisch finnischen Geschirr-Abtropf-Schrank vorgestellt, wie er auch in Italien verwendet wird. Erfunden hat dieses ungeheuer praktische Einrichtungsstück aber eine Finnin“, berichtet Sonja Ranki.
Mit einem finnlandbegeisterten Team und einer sehr aktiven Vorstandschaft werden die verschiedenen Veranstaltungen besprochen und geplant – und das sind gar nicht wenige. Neben der Kulturnacht im Theater Hof ist die DFG Hof auch jedes Jahr beim Umwelttag am Theresienstein vertreten und lädt jährlich zu ein bis zwei Konzerten mit finnischen Künstlern (allesamt Profis und in Finnland sehr erfolgreich) und immer wieder auch zu Lesungen ein. Nicht zu vergessen das Mölkky-Turnier, das jährlich vor den Sommerferien auf dem Sportplatz beim Postsportverein ausgetragen wird. Auch hier sind immer Gäste dabei, die bei dem unterhaltsamen Wurfspiel regelmäßig Preise abräumen. Bei den 1. Bayerischen Meisterschaften im Juli nahmen immerhin zwei Mannschaften der Hofer DFG teil und belegten bei starken Gegnern aus Nürnberg und München sehr gute Plätze. Daneben organisiert der Verein zusammen mit der Deutsch-Französischen Gesellschaft einmal im Jahr den Finnisch-Französischen FilmGenuss im Hofer Central-Kino, in dessen Rahmen je ein finnischer und ein französischer Film in Originalsprache mit deutschem Untertitel gezeigt und in der Pause finnische und französische Spezialitäten serviert werden.
Diese beliebten Köstlichkeiten, die auch immer wieder bei den Veranstaltungen der DFG Hof angeboten werden, stellen die Mitglieder selbst her. „Das ist natürlich eine Gemeinschaftsleistung des Vorstands und verschiedener Vereinsmitglieder – und wir haben neben vielen langjährigen inzwischen auch viele sehr aktive junge Mitglieder (insgesamt sind es aktuell ca. 80 Mitglieder). Momentan ist der Verein so lebendig wie noch nie“, freut sich Sonja Ranki. Aus dem Erlös, den sie mit dem Speisenverkauf erwirtschaften, unterstützt die DFG Hof beispielsweise den Schüleraustausch des Schiller-Gymnasiums mit Joensuu.
Sie selbst engagiert sich über die Arbeit für die DFG Hof hinaus auch für den Landesverband, die DFG Bayern, deren erste Vorsitzende sie seit Mai dieses Jahres ist. Neben der Verantwortung für die Vereinszeitschrift „Notizen“ stehen dadurch auch Sitzungen und Termine in ganz Bayern auf ihrem Programm. Beispielsweise wurde sie gebeten, bei den Europäischen Begegnungen in München Ende September anlässlich des Ratsvorsitzes Finnlands in der Europäischen Union ein Grußwort zu sprechen. „In Zeiten wie der heutigen, in der es viel Zerstrittenheit in Europa gibt, sind Freundschaftsvereine wichtiger denn je. Durch sie hat man die Möglichkeit, Völkerverständigung an der Basis zu betreiben“, so die Vorsitzende. Aus diesem Grund möchte die DFG Hof auch weiterhin die Städtepartnerschaft mit Joensuu durch noch mehr gegenseitige Besuche und Austausch ausbauen und vertiefen.
Ihre eigene Liebe zu Finnland wurde zusammen mit der Liebe für ihren Mann geboren: Nachdem sie ihn 1977 als Praktikanten in ihrer Heimat im Nordschwarzwald kennengelernt hatte, er aber zurück nach Finnland musste, um sein Studium abzuschließen, haben sich die beiden täglich eine Postkarte geschrieben, und Sonja Ranki nahm auch an einem Jugendaustausch nach Vantaa teil. „Zur damaligen Zeit war Finnland etwas total Exotisches, dahin ist kaum jemand gereist. Mich hat das Land, aus dem mein Freund kam, natürlich interessiert – aber es war gar nicht so einfach, an Informationen zu kommen, denn man konnte nicht einfach googeln, sondern ich musste mir Bildbände und Literatur über Finnland aus der Bücherei ausleihen“, erinnert sie sich.
Seit dieser Zeit reist sie jedes Jahr mit ihrem Mann mindestens einmal nach Finnland, um den dort lebenden Teil der Familie und Freunde zu besuchen – und auch die erwachsenen Kinder, die sich „sehr finnisch fühlen“, verbringen regelmäßig ihre Urlaubszeit im Sommerhaus – mitten im Wald an einem See und natürlich mit Sauna und Ruderboot. Neben der einzigartigen Natur liebt Sonja Ranki besonders die große und unkomplizierte Gastfreundschaft der Finnen. Sie selbst spricht und versteht Finnisch, ohne jedoch komplett die schwierige Grammatik der Sprache, die allein 15 Fälle aufweist, durchdrungen zu haben. Auf die Frage, welche kulturellen Unterschiede eine deutsch-finnische Ehe prägen, antwortet Sonja Ranki mit einem Schmunzeln: „Nach so langer Zeit nehme ich kaum noch Unterschiede wahr – einzig in der Art zu sprechen: Während wir Deutschen eher schnell reden, nehmen sich die Finnen bei Unterhaltungen ganz viel Zeit. Wenn sich Deutsche unterhalten, ist es wie Pingpong, wenn sich Finnen unterhalten, ist es wie Kegeln.“
Ähnlich verbunden wie mit Finnland fühlen sich Sonja Ranki und ihr Mann auch mit Hof: Nachdem sie beruflich bedingt eigentlich als „Station“ in die Saalestadt kamen und sich in Zedtwitz niederließen, möchte das Ehepaar heute nicht mehr weg aus Hof, wo Sonja Ranki mit ihren beliebten Kursen in Babymassage und Mütterberatung auch einen festen Platz hat. „Abgesehen davon, dass ich die Hofer immer als sehr freundlich und aufgeschlossen erlebt habe, möchte ich vor allem die kulturelle Vielfalt und die vielfältige Kulinarik hier nicht mehr missen“, verrät sie. Christine Wild