„Ich hab‘ sie gar nicht kommen sehen, plötzlich stand sie da, groß wie ein Riese. Sie sagte: ‚Hallo, guten Tag, mein Name ist Krise‘“. Was Max Raabe da in zwei Sätzen elegant besingt, kann jedem passieren: Oft ohne Ankündigung wird das eigene Leben plötzlich von einer Krise überschattet, die einem unüberwindbar erscheint. Gespräche mit Freunden und Bekannten können helfen, aber nur bis zu einem gewissen Punkt. Und dann stellt sich die Frage: Wohin kann man sich wenden, um innerhalb eines überschaubaren Zeitrahmens Rat und Hilfe zu bekommen?
Für solche Fälle gibt es die Psychologische Beratungsstelle der Diakonie – und zwar bereits seit knapp 60 Jahren. Die Psychologische Beratungsstelle der Diakonie Hochfranken in Hof gliedert sich in die fünf Bereiche Erziehungsberatung, Ehe-, Familien- und Lebensberatung, Beratung für Schwangere, Suchtberatung und den Kurs für seelsorgerliche Praxis und Gemeindearbeit (KSPG), in dem kirchliche Mitarbeitende die Möglichkeit haben, sich fortzubilden. Insgesamt 21 Sozialpädagogen und Psychotherapeuten sowie sechs Verwaltungskräfte kümmern sich unter der Leitung von Alexander Höme im Rahmen dieser vier Gebiete um die Anliegen von etwa 3500 Hilfesuchenden pro Jahr.
Doch wird sich derjenige, der in einer Krise steckt vielleicht fragen: Richtet sich das Hilfsangebot überhaupt genau an mein Problem? „Wir bieten Hilfe in allen Lebenslagen an“, versichert Alexander Höme. Angefangen bei Problemen in der Familie, Lern- und Leistungsproblemen oder Trennung und Scheidung sowie deren Folgen über Paarberatung und alle Fragen rund ums Thema Schwangerschaft (wirtschaftliche Unsicherheiten, Verhütung, unerfüllter Kinderwunsch, Tot- oder Fehlgeburt, Adoption) bis hin zur Suchtberatung ist alles möglich. „Schon, wenn sich jemand Gedanken macht über sein Verhalten im Umgang mit Alkohol, Drogen, Medikamenten, Glücksspiel, dem Computer oder anderen, ist er herzlich eingeladen, unsere Suchtberatung in Anspruch zu nehmen“, sagt Alexander Höme.
Die Anmeldung erfolgt über die zentrale Telefonnummer 09281/160 710 200. Dort muss der Hilfesuchende sein Anliegen oder Problem schildern und bekommt nach einem zweiten Anruf einige Tage später einen Termin. „Darüber wundert sich vielleicht manch einer, aber der Hintergrund ist folgender: Wir besprechen alle Anfragen – natürlich absolut vertraulich und unter Einhaltung der Schweigepflicht – im Fachteam, und dann entscheiden die Mitarbeiter selbst, für welche Fragen sie kompetent sind und welche Fälle sie annehmen möchten. Fachkompetenz und Spezialisierung sowie Felderfahrung werden immer wichtiger. Auf diese Weise können wir den Hilfesuchenden den optimalen Ansprechpartner vermitteln, von denen sich jeder einzelne mit immensem Engagement einbringt und so zur bestmöglichen Betreuung der Klienten beiträgt“, erklärt Alexander Höme.
Im Durchschnitt kommen die Hilfesuchenden zu fünf Beratungsterminen. Manche nutzen das Angebot aber auch über einen längeren Zeitraum, während andere bereits nach dem Erstgespräch dank der gewonnenen Erkenntnisse und Ratschläge im Alltag besser klarkommen. „Bei uns findet zu Beginn des Erstgesprächs immer eine Auftragsklärung statt, und dann beginnen wir, noch in der ersten Sitzung, direkt mit der Arbeit am Thema. Ziel ist, dass beim Hilfesuchenden etwas passiert, das zu einer kleinen Veränderung führt“, so Alexander Höme.
Die Beratung versteht sich – im Gegensatz zur Begleitung – als zielorientiert und zeitlich begrenzt. „Aber der überwiegende Teil der Menschen, der kommt, erhält ausschließlich Hilfe bei der Psychologischen Beratungsstelle und wird nicht weitergeschickt an andere Stellen“, sagt der Leiter der Einrichtung. Im Suchtbereich bietet die Psychologische Beratungsstelle der Diakonie Hochfranken auch Selbsthilfegruppen an. Idee der Selbsthilfegruppen ist es, ein soziales Netz zu bilden und Gesprächspartner zu finden, bei denen man sich gut aufgehoben fühlt und sich in Form von Geben und Nehmen gegenseitig hilft.
Das ist grundsätzlich das Ziel der Arbeit in der Psychologischen Beratungsstelle: Die Hilfesuchenden sollen zurück in ein gesundes Leben finden mit einem sozialen Gefüge, das ihnen auch Gesprächspartner bietet. „In vielen Krisen beginnt man, an seinen Lebenskompetenzen zu zweifeln und legt den Fokus auf das Unerfreuliche. Im Rahmen unserer Beratungen wollen wir die Hilfesuchenden dabei unterstützen, das Erfreuliche, das Positive in ihrem Leben wieder angemessen zu sehen, beidäugig (also Gutes und Schlechtes in gleicher Relation) auf die eigene Situation zu blicken und zu einer realistischen Sichtweise zurückzufinden. Krisen verstellen nämlich den Blick auf das Positive“, weiß Alexander Höme, der selbst Diplom-Psychologe und Psychologischer Psychotherapeut ist.
Im Unterschied zum medizinischen Modell, das eher symptom- oder störungsbezogen ist, setzen die Mitarbeiter der Psychologischen Beratungsstelle der Diakonie Hochfranken damit an, die Ressourcen und Kraftquellen des Hilfesuchenden, die als Ausgleich zum Unerfreulichen auch immer vorhanden sind, aufzuspüren und sie zu nutzen. „Wir begeben uns auf Schatzsuche statt auf Fehlerfahndung“, so Höme. Dabei wird natürlich auch der Würdigung der Probleme und deren Schilderung ausreichend Raum gegeben, aber danach geht es direkt damit weiter zu schauen, wo es positive Ausnahmen gibt, die das Problem nicht beherrschen.
Zu einer Beratung anmelden kann sich jeder, der psychologischen Rat und Hilfe sucht – komplett kostenlos und auch unabhängig von der Krankenkasse, da die Beratung öffentliche Aufgabe ist und daher die Kosten zu 90 Prozent aus kommunalen Mitteln, Mitteln des Bezirks und des Sozialministeriums getragen werden. „Zehn Prozent des Haushaltsvolumens trägt die Diakonie Hochranken als Eigenanteil, weshalb wir immer auf Spenden angewiesen sind, damit wir weiterhin so vielen Menschen helfen können“, merkt Alexander Höme an. Christine Wild
Wer sich in einer schwierigen Lebenssituation befindet, aus der er ohne professionelle Hilfe keinen Ausweg mehr sieht – egal wie bedeutend oder unbedeutend ihm sein Problem erscheint und auch, wenn es nicht explizit auf der Homepage Beratungsstelle genannt ist – , kann sich jederzeit an die Psychologische Beratungsstelle der Diakonie Hochfranken wenden. Weitere Informationen unter www.diakonie-hochfranken.de/beratung-hilfe/psychologische-beratungsstelle